Enten, Schaukelpferde, Vibratoren oder Falco-Devotionalien. Sind Sammler schräge Vögel oder kleine Kuratoren? Wir fragten vier Zeitgenossen nach dem Grund für die wundersame Vermehrung von Objekten ihrer Begierde.

Ich weiß nicht, von wo eine Sammelleidenschaft herrührt. Sie wohnt wohl irgendwo in der Seele. Vielleicht hat es auch etwas mit Jagdtrieb zu tun, obwohl man diesen, historisch betrachtet, eher den Männern nachsagt, während die Frauen das, was die Männer nach Hause brachten, zubereiteten. Meine Jagdsaison beginnt im Spätherbst, wenn die Adventmärkte aufsperren. Ein ganz besonderes Jagdrevier sind die kleinen Seitengassen im ersten Bezirk, wo ich immer wieder fündig werde. Die Pirsch ist bei mir eine spontane Angelegenheit. Das Jagdfieber packt mich ganz plötzlich.

Angefangen hat alles mit einem Schaukelpferd, das mir eine Freundin geschenkt hat. Ich war 17 oder 18. Das Pferd war aus Pappmaché, ein Dekorationsobjekt aus dem Schaufenster eines Reisebüros. Warum mich dieses Rösslein so erfreut hat, ist schwer zu sagen. Wahrscheinlich, weil es viele schöne Erinnerungen an meine Kindheit geweckt hat. All die Leichtigkeit und Fröhlichkeit dieser Tage. Pferde waren während meiner Kindheit das Einzige, was mich wirklich interessiert hat. Seit diesem Geschenk bin ich verrückt nach Schaukelpferden.

Für Christina Hummel vom Wiener Café Hummel liegt das Glück auf dem Rücken von Schaukelpferde – dabei kommt es ihr nicht auf die Größe an.
Foto: Nathan Murrell

44 Stück zählt meine Sammlung heute. Die Pferde sind von unterschiedlichster Größe und Machart. In meinem Stall gibt es Exemplare aus Kristallen, aus Metall, aus Holz, aus Seife oder in Form eines Windspiels. Ein Stück ist kein Schaukelpferd, sondern ein Schaukelhase. Ich befürchte, diese Leidenschaft wird irgendwann einmal derart ausarten, dass ich die Bibliothek bei mir im Café Hummel in eine Ausstellungshalle umwandeln werde.

Es gibt kein Ziel beim Sammeln. Eine gewisse Anzahl von Objekten zu erreichen, würde nur Druck erzeugen. Es geht mir darum, dass mich das Schicksal mit dem einen oder anderen Stück zusammenbringt. Klingt pathetisch, ist aber so. Das Ganze ist mit einer Welle oder einem Blatt im Wind vergleichbar. Man versucht eine Sammlung immer zu vervollständigen, ist immer auf der Suche nach dem ultimativen Highlight. Dabei ist einem Sammler natürlich bewusst, dass es immer ein noch interessanteres Stück irgendwo auf der Welt gibt. Vielleicht ist dieser Gedanke das Beruhigende beim Sammeln. Man führt eine Art Beziehung und weiß, dass sie niemals zu einem Ende kommt.

Keine Hierarchie

Natürlich hat so eine Sammlung auch eine Funktion. Man staubt die Pferdchen ab, stellt sie um, nimmt sie in die Hand. All das hat etwas Beruhigendes. Manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich mit einem der Pferde spreche. Besonders in Phasen, wenn einmal etwas nicht so gut läuft. Wie heißt es so schön? 'Das Glück liegt auf dem Rücken der Pferde!' Warum nicht auch auf dem Rücken von Schaukelpferden?

Hierarchie gibt es innerhalb der Sammlung keine. Aber sagen wir es so – ich hoffe, ich beleidige jetzt niemanden – jene Pferde, die ich geschenkt bekomme, liegen mir weniger am Herzen als meine selbst aufgestöberten Trophäen. Man sieht, wir landen wieder bei der Jagd. Das größte Pferd aus der Sammlung ist aus Teakholz gefertigt und wartet mit einer ganz besonderen Geschichte auf. Es wurde aus den Resten eines Schiffswrackes gefertigt, das an der Küste Thailands gestrandet ist. Es war Liebe auf den ersten Blick. Dieses Pferd steht jetzt schon im Café. Manchmal setze ich mich drauf und schaukle ein bisschen, wenn es nicht gerade vom Kind eines Gastes besetzt ist. Das Schaukeln hilft in Stresssituationen.

Was den monetären Aspekt betrifft, ist das so eine Sache. Wenn ich einem Pferdchen begegne, das mir die Sprache verschlägt, kann es schon sein, dass ich zuschlage, auch wenn ich davor bestimmt eine Weile um das Ding herumstrawanzen würde. Klar habe ich manche Pferde mehr lieb als andere, aber das wechselt und schlägt sich auch im Platz nieder, den die Pferdchen im Regal ergattern. Dort muss ich sie vor meinem zweijährigen Sohn in Sicherheit bringen. Der ist ganz narrisch nach den Tieren. Eines hat er schon auf dem Gewissen, aber ich werde bestimmt Ersatz finden. (Michael Hausenblas, RONDO, 10.2.2017)

Christina Hummel ist Inhaberin des Café Hummel in der Josefstädter Straße 66, 8. Bezirk. Außerdem ist sie Klubobfrau der Wiener Kaffeesieder.

cafehummmel.at

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