"Außerordentlich diverse Entlohnung" an den verschiedenen FHs

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Arbeitsrechtlich befinden sich Fachhochschulen in einem ungeregelten Refugium: Für Beschäftigte gibt es bis heute keine Kollektivverträge. Damit gehören sie zu einer der wenigen Berufsgruppen in Österreich, deren Gehalt völlig vom Markt geregelt wird und gänzlich der freien Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterliegt.

Betroffen ist davon nicht nur das wissenschaftliche, sondern auch das Verwaltungspersonal. Dabei ist diese Situation kein Hochschulspezifikum: Für Universitäten wird sehr wohl ein Kollektivvertrag abgeschlossen, der alle Uni-Angestellten erfasst. Der Grund, warum Universitäten einen Kollektivvertrag haben, besteht darin, dass der Dachverband der Universitäten – so ist es im Universitätsgesetz geregelt – die Arbeitgeberseite vertreten kann. Die zuständige Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) würde zwar gerne auch einen Kollektivvertrag für die Fachhochschulen verhandeln – doch bei den FHs fehlt ihr der gegenüberliegende Verhandlungspartner.

Obwohl alle 21 österreichischen Fachhochschulen öffentlich gefördert werden, werden sie von unterschiedlichen privaten Trägern geführt. Sie unterliegen nicht der Gewerbeordnung, sind keine Mitglieder der Wirtschaftskammer und werden folglich nicht von dieser in Kollektivvertragsverhandlungen vertreten. "Private Bildungseinrichtungen stellen in diesen Belangen ein Problem dar, da sie nicht in die Kollektivvertragsstruktur passen. Beispielsweise waren auch Sprachschulen lange nicht in ein kollektivvertragliches Schema eingebunden", sagt Martin Risak, Professor für Arbeitsrecht an der Uni Wien.

Konsens nicht in Sicht

Um also trotzdem zu einem Kollektivvertrag zu kommen, müssten Fachhochschulen mit den Universitäten gleichziehen, was den Zusammenschluss der einzelnen Standorte als Arbeitgebervertretung betrifft. Doch ob man das anstreben soll, darüber gibt es unter den FH-Akteuren keine einhellige Meinung. "Wir würden sehr gerne verhandeln", sagt Eva Scherz von der GPA-djp. Doch es fehle der Partner. Während der Gewerkschaft naturgemäß an der Etablierung eines Kollektivvertrags gelegen ist, will sich die Fachhochschulkonferenz (FHK), die analog zur Universitätenkonferenz die Interessen der Fachhochschulen vertritt, nicht festlegen: "Wir haben dazu derzeit keine abschließende Position", sagt FHK-Generalsekretär Kurt Koleznik. "Diese Diskussion ist ein längerer Prozess, es gibt viele Pro und Kontra."

Ob es in naher Zukunft zu einer abschließenden Position kommen wird, ist fraglich – schließlich vertritt die Fachhochschulkonferenz die Interessen aller Fachhochschulen, deren Träger sowohl private Vereine als auch beispielsweise die Wirtschaftskammer oder das Berufsförderungsinstitut (bfi) sein können. Dementsprechend unterschiedlich sind die Ansichten dar über, ob ein Kollektivvertrag ein gangbarer Weg wäre. Die Gewerkschaft vernimmt hier "sehr unterschiedliche Signale", sagt Scherz.Dementsprechend unterschiedlich kann sich eine wissenschaftliche Karriere an Universität oder Fachhochschule gestalten. Schließlich wird im Kollektivvertrag nicht nur das Gehalt geregelt, sondern auch Sabbatical, Urlaubsanspruch oder Karenz.

Koleznik schätzt die Arbeitssituation von FH-Lehrenden grundsätzlich als "sehr gut" ein, Arbeitsplätze an Fachhochschulen seien weithin beliebt, die Gehälter "entsprechend gut". Man dürfe nicht vergessen, dass Fachhochschulen in einem Wettbewerb stehen: "Will eine Fachhochschule gutes Personal, muss sie auch ein interessantes Angebot schaffen. Man wird nicht weit kommen, wenn man gute Leute schlecht bezahlt", sagt Koleznik. Eine ähnliche Einschätzung ist aus dem Wissenschaftsministerium zu vernehmen, wo man auf den Wettbewerb um gutes Personal zwischen den einzelnen Fachhochschulen setzt, was sich dementsprechend auf das Gehaltsniveau auswirken solle.

Große Entlohnungsunterschiede

Martin Risak unterrichtete selbst bereits an drei verschiedenen Fachhochschulen, die Bezahlung war "außerordentlich divers". Bei der Bezahlung der Betreuung von Masterarbeiten betrug der Lohnunterschied an die hundert Prozent. Die großen Unterschiede bei den Gehältern erklärt Risak damit, dass "Marktpreise" bezahlt werden. Es kommt darauf an, wie groß der Pool an Leuten ist, die in der jeweiligen Stadt unterrichten können. Diese Problematik sei nicht unwesentlich, da es in dem Bereich wenig fix angestellte Personen gibt: "Die Manövriermasse ist also groß." Das wissenschaftliche Prekariat sei oft nicht weit. "Das ist zwar auch auf der Universität ein Problem, auf Fachhochschulen ist es aber noch extremer. Es ist eine schlanke Struktur, die darauf angewiesen ist, dass Externe dort unterrichten."

Ob durch den fehlenden Kollektivvertrag Nachteile für Lehrende entstehen? "Natürlich", so Arbeitsrechtexperte Risak, "es ist nie gut, wenn es keine untere Lohngrenze gibt." Darüber hinaus würden Lehrende ihre Tätigkeit meistens als positive wahrnehmen: "Viele haben fast schon ein schlechtes Gewissen, wenn sie höhere Löhne fordern, da ihr Beruf als erfüllend gilt", sagt Risak. Zudem seien viele Lektoren nicht ehrlich gegenüber sich selbst, was die investierte Arbeitszeit betrifft, meint Risak. Dadurch, dass viele Fachhochschulen berufsbegleitende Studiengänge anbieten, kommt es nicht selten zu Arbeitszeiten am Abend und am Wochenende. (11./12.2.2017)