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Mit der C-Serie wollte Bombardier gegen Airbus und Boeing anfliegen. Ins Trudeln kam mit der Verspätung allerdings nicht die Konkurrenz, sondern der kanadische Konzern selbst.

Foto: Reuters / Christinne Muschi

Toronto / Brasilia / São Paulo – Der jüngste Kredit, den Kanada seinem trudelnden Flugzeughersteller und Bahnausrüstungskonzern Bombardier zugesagt hat, brachte das Fass zum Überlaufen. Brasilien hat am Mittwoch bei der Welthandelsorganisation WTO eine offizielle Beschwerde gegen Kanada eingebracht. Der Vorwurf: Die nordamerikanische Republik zerstöre mit ihren staatlichen Beihilfen für den angeschlagenen Bombardier-Konzern die globale Flugzeugindustrie.

Brasilien hatte bei der WTO bereits seit Monaten auf Eröffnung eines offiziellen Verfahrens gegen Kanada gedrängt, weil die mehrfach gewährten Stützungen für die neuen Bombardier-Flugzeuge (C-Series) den Markt für kommerzielle Jets untergrabe. Brasilien ist mit dem Bombardier-Rivalen Embraer direkt betroffen.

Bombardier wollte mehr

Der jüngste Support der Regierung in Toronto ist ein zinsenloser Kredit von 372 Millionen kanadischen Dollar (265 Millionen Euro), der Bombardier in der Nacht auf Mittwoch zugesagt worden war. Mit dem Geld soll nach Regierungsangaben die Entwicklung von Flugzeugen der C-Serie sowie des Business-Jets Global 7000 unterstützt werden. Bombardier hatte zunächst um deutlich mehr Unterstützung gebeten.

Konzernchef Alain Bellemare bezeichnete den Kredit nun aber als angemessen, die Finanzlage des Konzerns habe sich verbessert. Der kanadische Handelsminister François-Philippe Champagne versicherte, dass der Kredit mit WTO-Regeln kompatibel sei und die Regierung die Maßnahme auch in Gerichtsverfahren verteidigen werde.

"Künstlich erhöht"

Der brasilianische Außenminister sieht das naturgemäß anders. Er prangerte am Mittwoch weitere Beihilfen für Bombardier an. Insgesamt habe der Flugzeugbauer von der Regierung Support im Volumen von mindestens 2,5 Milliarden Dollar (rund 2,3 Milliarden Euro) erhalten. "Brasilien geht davon aus, dass diese kanadischen Subventionen die internationale Wettbewerbsfähigkeit künstlich erhöht haben." Neuerliche Beihilfen, wie die soeben in Aussicht gestellten, könnten die Verzerrung am Flugzeugmarkt weiter vertiefen, was für Brasilien zum Nachteil wäre.

Die Hilfen dienten nicht nur dem Überleben des Pannenjets der C-Serie, beklagte Embraer-Chef Paulo Cesar Silva, sondern erlaubten es Bombardier, ihre Flugzeuge zu künstlich niedrigen Preisen anzubieten. Bei Bombardier wollte sich niemand äußern. Beide Staaten haben nun bis zu 60 Tage Zeit, den Streit beizulegen, ehe ein Expertenkomitee gebildet wird, das die WTO in dem Verfahren berät und unterstützt.

In einem ähnlichen Streit hat die WTO gegen Staatshilfen entschieden: Jene der EU-Länder für Airbus wurden als unfair klassifiziert, Boeing bekam recht. Der Streit dauert seit zehn Jahren an.

Milliarden-Staatshilfe gewährt

Bombardier hatte bereits 2015 um Staatshilfe im Volumen von einer Milliarde Dollar gebeten, um die Flugzeugsparte auf Vordermann zu bringen. Die Regierung in Toronto scheute allerdings vor einem Einstieg zurück, weil die Gründerfamilie auch dann die Kontrolle über das Unternehmen behält, wenn sie nur noch einen Minderheitsanteil hält. Nicht so die Provinz Quebec. Sie kündigte im Oktober 2015 an, eine Milliarde Dollar in die pannengeplagte C-Serie zu investieren. Quebec übernahm 49,5 Prozent der Anteile an einem Joint Venture zur Rettung der C-Serie, die bei der Lufthansa-Tochter Swiss und bei Delta zum Einsatz kommen soll.

Hilfe bekam freilich auch die Bahnsparte. Der größte Pensionsfonds der Provinz investierte im Vorjahr 1,5 Milliarden Dollar in den Bahnausrüster, der für die Stadt Wien einen Millionenauftrag über Straßenbahnen abarbeitet und vor Weihnachten einen Rahmenvertrag mit der ÖBB über die Lieferung von bis zu 300 Nahverkehrszüge im Volumen von rund zwei Milliarden Euro erhalten hat. Die ersten 21 Züge müssen 2019 für Vorarlberg ausgeliefert werden. (Reuters, ung, 9.2.2017)