Hunderte protestierten auch am Mittwoch gegen großflächige Rodungen an den Murufern.

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Die Rodungsarbeiten am Murufer begannen am Montag.

Foto: Naturschutzbund

Graz – Die Nerven liegen blank in Graz, nicht nur in den Stadtparteien, auch bei den Bürgern, die mit offenem Mund zusehen, wie am Murufer seit Montag die Bäume geschlägert werden. Hunderte demonstrierten auch am Mittwoch auf dem Puchsteg gegen die Rodungen. Aktivisten besetzten außerdem in unmittelbarer Nähe einen Teil der Mur-Auen, indem sie ein Camp errichteten. Mehrere Zeugen berichten von Handgreiflichkeiten mit Security-Mitarbeitern.

Gerangel um Wohnressort

ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl ist derweil auf koalitionärer Braut- bzw. Bräutigamschau. Liebesheirat wird es wohl keine. Am späten Nachmittag stand das erste Treffen, jenes mit Noch-Vizebürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) an. Dem Gespräch schickte Nagl aber mehrmals voraus, dass er mit ihr keine Koalition eingehe.

Bei den Kommunisten herrscht Aufregung, weil FPÖ-Chef Mario Eustacchio mehrmals sagte, dass seine Koalitionsbedingung das Wohnressort ist. Also genau jenes Ressort, mit dem die KPÖ rund 20 Jahre Erfolg hatte. Eustacchio bekam von der Landes-FP volle Rückendeckung und das Mandat mit der VP zu verhandeln. Ablösegerüchte um seine Person seien "Blödsinn", so die Landes-FP.

Ob mit oder ohne Wohnressort – die KPÖ wird ohnehin zwei Stadträte in der Regierung haben. Wer neben Kahr den zweiten Stadtsenatssitz innehaben wird, sei noch nicht klar, heißt es aus der KPÖ. Bekannt ist aber auch, dass immer wieder der Gemeinderat und Lehrer Robert Krotzer ins Spiel gebracht wurde, wenn es darum ging, rechtzeitig einen Nachfolger für Kahr aufzubauen.

Die KPÖ bangt nicht nur um ihr Ressort. Sie glaubt, dass die ÖVP sie künftig ganz aus der Stadtregierung drängen will. Grund dafür ist ÖVP-Landesrat Christopher Drexler, der sich nach der Wahl für eine Reforminitiative im National- oder Bundesrat aussprach. Länder sollten künftig entscheiden können, ob in Gemeinden der Proporz regiert. Drexler argumentiert damit, dass einzelne Stadträte immer Beschlüsse blockieren könnten, wenn jede Fraktion mit einer gewissen Stärke in der Regierung sei.

Spiel der freien Kräfte

Doch gerade Nagl hatte eigentlich in der Vergangenheit noch weniger Glück mit fixen Koalitionen als mit dem Spiel der freien Kräfte. Die steirische KPÖ-Chefin Claudia Klimt-Weithaler glaubt zu wissen, warum Drexler genau jetzt die Initiative starten will: "Es liegt nahe, dass bei FP und VP jetzt einige über den Verkauf der Gemeindewohnungen nachdenken. Anders wären Nagls Megaprojekte kaum zu finanzieren", warnt Klimt-Weithaler per Aussendung.

"Diese Einschätzung der Kollegin Klimt-Weithaler kann nur in der Hitze des Gefechts entstanden sein", sagt Drexler im Gespräch mit dem Standard, "denn meine Einstellung zum Proporz ist seit Jahren bekannt. Darum haben wir ihn 2011 auch auf Landesebene abgeschafft." (Colette M. Schmidt, 8.2.2017)