Brich die Regeln: Den Sweater trug ProSiebenSat1Puls4-Chef Breitenecker 2016 für ein Pressefoto.

Foto: ProSiebenSat.1 PULS 4 / Bernhard Eder
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München/Wien – "Break the Rules": Das Pressefoto von Geschäftsführer Markus Breitenecker (links) versandte ProSiebenSat1Puls4 schon vor einem knappen Jahr. Da ging es um eine 24-Stunden-Livevideoplattform der Privatsendergruppe in Österreich. Und – noch – nicht um den Zukauf von ATV.

Der Deal hat viel mit Regeln und Recht zu tun, und er wird gewiss mit rechten Dingen zugehen, auch wenn er einige Grundregeln des Wettbewerbsrechts strapaziert:

  • Marktbeherrscher Die größte, in Werbung und wesentlichen Publikumssegmenten marktbeherrschende Privatsendergruppe im Land will auch noch den einzigen größeren, nationalen Privatsender übernehmen. Das geht rechtlich einfacher bei einer "Sanierungsfusion", wenn es keine anderen Kaufinteressenten gibt.
  • Mitbewerber Mehr und mehr Medienhäuser meldeten ihr Interesse an: Mediaprint/Krone/Kurier, die Heute-Gruppe, die Mediengruppe um Österreich. Manche von ihnen sollen auch Kaufangebote für ATV gelegt haben,
  • Viel Print, wenig TV Nun sind alle drei nicht gerade kleine Medien und zumindest zwei von ihnen Marktbeherrscher im Printmarkt. Der freilich kümmert Wettbewerbsbehörden bei TV-Deals weit weniger als der Fernsehmarkt. Und dort hätte die Krone 50 Prozent am kleineren TV-Vermarkter von RTL in Österreich, die Kurier-Gruppe eine Minderheit an Sat1 Österreich und Österreich Ö24tv.

Aber Eigentümer Herbert Kloiber, Boss der Tele München Gruppe, Programmhändler, TV-Unternehmer, regelt gern selbst: Er verhandelte nur mit dem Wettbewerbs-Problembären ProSiebenSat1Puls4. Die Wettbewerbsbehörde kann nicht vorschreiben, wem man Firmen verkauft; sie kann den Verkauf an bestimmte, etwa marktbeherrschende Firmen untersagen. Mit dem Risiko, dass verhinderte Verkäufer zusperren.

Die Behörde erwartet offenkundig, dass ein Ende von ATV weder Wettbewerb noch Meinungsvielfalt im TV mehr nützt als ein Verkauf an die Österreich-Tochter des Münchner Mischkonzerns ProSiebenSat1: Vorigen Donnerstag ließ sie verlauten, dass sie dem Deal unter Auflagen zustimmen und auf ein Verfahren vor dem Kartellgericht verzichten könnte.

Diese Vorgaben – wohl für Eigenproduktionen, eigene Nachrichten, eigenes Management und eigene Redaktion sowie eigene Budgets – stellt die Wettbewerbsbehörde online. Der ORF will sie – wie andere Kaufinteressenten – abwarten und dann entscheiden, ob und wie er im Behördenverfahren Stellung nimmt.

Mit Anmeldung und Auflagen ist rasch zu rechnen: In der Nacht auf Dienstag wurde der Kaufvertrag unterschrieben. Geschätzter Preis: 20 bis 25 Millionen Euro, womöglich mit einem Abnahmedeal für Programme von Kloibers Tele München Gruppe. (fid, 7.2.2017)