Für die Grünen sind das keine guten Nachrichten. Für die SPÖ erst recht nicht. Natürlich lässt sich das Ergebnis der Gemeinderatswahlen in Graz mit kommunalpolitischen Besonderheiten, mit starken Persönlichkeiten wie dem schwarzen Bürgermeister Siegfried Nagl und der speziellen politischen Situation mit der KPÖ, die anderswo nicht existent ist, hier aber mit 20 Prozent den zweiten Platz hält, erklären. Ein paar Schlussfolgerungen von allgemeiner Bedeutung kann man aus diesem erstaunlichen Ergebnis dennoch ziehen.

Der Van-der-Bellen-Effekt, auf den die Grünen große Hoffnungen gesetzt haben, existiert offenbar nicht. In der steirischen Landeshauptstadt zeigt sich das besonders deutlich. Erst vor zwei Monaten fuhr Alexander Van der Bellen in Graz mit 67 Prozent ein fantastisches Ergebnis ein. Am vergangenen Sonntag war davon nichts mehr zu spüren. Die Grünen landeten mit zehn Prozent auf dem harten Boden der Realität. So viel Energie, Aufwand, Begeisterung und auch Geld die Grünen in den Wahlkampf von Van der Bellen gesteckt haben, so wenig können sie nun davon profitieren, dass erstmals ein Grüner als Bundespräsident in der Hofburg residiert.

Das lässt für die weitere Entwicklung jener Partei, die als Öko-Bewegung groß geworden war, keine verlockenden Aussichten zu: Die Grünen sind wieder ganz auf sich selbst zurückgeworfen. Nicht einmal in Graz, wo der Streit um das Murkraftwerk ein bestimmendes Thema im Wahlkampf war, konnten sie mit einem ihrer Kernthemen punkten. Die Grünen stehen offenbar zu wenig glaubwürdig für jene Themen, die zu ihrem politischen Tagesgeschäft gehören. Die Frage der sozialen Gerechtigkeit sahen zumindest in Graz die Wähler besser bei der KPÖ aufgehoben. Das könnte auch Diskussionen über die sozialpolitische Positionierung, die Eva Glawischnig wegzuschieben versucht, wieder befeuern. Und eines müsste den Grünen zusätzlich zu denken geben: dass starke und glaubwürdige Personen an der Spitze wahlentscheidend sein können.

Die SPÖ hätte eine solche Persönlichkeit an ihrer Spitze. Das hat nur in Graz nichts geholfen. Der neue SPÖ-Chef und Kanzler Christian Kern hat sich zwar im Wahlkampf eingebracht, musste aber feststellen, dass er offenbar doch nicht so sehr in alle Bereiche seiner Partei strahlt, wie er selbst das glauben mochte. Die SPÖ ist in Graz mit schwachen zehn Prozent fünftstärkste Kraft geworden, aufgerieben zwischen ÖVP, KPÖ und FPÖ – eine an sich absurde Konstellation.

Das Grazer Wahlergebnis zeigt auch, wie schwach die SPÖ in den Ländern westlich von Wien und Eisenstadt aufgestellt ist. Sollte Kern noch Neuwahlspekulationen nachhängen, muss er sich das gründlich überlegen, ehe er zur Tat schreitet. Da muss er die Partei vorher neu aufstellen, und das braucht Zeit.

Für die ÖVP kann das Ergebnis in Graz durchaus ermutigend sein – wenn auch nicht in ihrer derzeitigen Besetzung. Der Erfolg von Bürgermeister Nagl zeigt, wie sehr ein hervorstechender Spitzenkandidat das Ergebnis gegen einen allgemeinen Trend beeinflussen kann. Das könnte vor allem Sebastian Kurz beflügeln, doch die Herausforderung zu suchen und gegen Kern und Heinz-Christian Strache anzutreten. Denn auch das hat Graz gezeigt: Mit einem geeigneten Programm und der richtigen Person an der Spitze lassen sich auch die Freiheitlichen in Zaum halten. (Michael Völker, 6.2.2017)