Das vorhandene, stark zerklüftete österreichische Mietrecht bringt große Rechtsunsicherheit mit sich.

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Wien – Österreich hat – darin sind sich alle Experten einig – ein schlechtes Miet- und Wohnrecht. Es ist ein Politikum, bei dem viele Köche den Brei verdorben haben – und das für alle Beteiligten.

Das vorhandene, stark zerklüftete Mietrecht bringt große Rechtsunsicherheit mit sich. Sonst kann Österreich im internationalen Vergleich immer mit Rechtssicherheit punkten; aber gerade in einem so zentralen Rechtsgebiet, das alle Bürger betrifft, gelingt das nicht. Vielmehr werden beim Thema Mietrecht politische Grabenkämpfe ausgefochten, die letztlich allen Österreichern schaden.

Nicht nachvollziehbar ist etwa, weshalb die Anwendbarkeit (oder eben Nichtanwendbarkeit) von bestimmten Bestimmungen im Mietrecht vom Alter des betreffenden Gebäudes abhängt; ebenso wenig, dass auf manche Gebäude alle Mieterschutzbestimmungen des Mietrechtsgesetzes (MRG) anwendbar sind, auf (wenige) andere hingegen keine. Im Anbetracht des evidenten Änderungsbedarfs ist es daher eine besondere Posse, dass in Mietrechtsarbeitsgruppen nicht selten (stundenlang) nur mehr darüber verhandelt wird, ob überhaupt weiterverhandelt wird.

Gesucht: Ein Plan B

Es ist bedauernswert, dass das Miet- und Wohnrecht im überarbeiteten Arbeitsprogramm der Bundesregierung nicht vorkommt. Österreich braucht gerade hier einen Plan B:

  • Der Staat muss zuerst einen Beitrag leisten und die Rechtsgeschäftsgebühren sofort abschaffen, weil damit Rechtsunsicherheit gefördert wird. Es ist geradezu grotesk, dass aufgrund des Umstandes, dass ein Vertrag schriftlich – und sohin sicherer – abgeschlossen wird, eine Steuerpflicht ausgelöst wird, weil dieser Vorgang potenziell zu einer Entlastung der Gerichte führt und sohin eher belohnt als mit einer Steuerpflicht bestraft werden müsste. Zudem wurde die Rechtsgeschäftsgebühr für Kreditverträge schon vor Jahren erfolgreich abgeschafft. Konkret müssen nicht nur Bestandverträge sofort gebührenfrei gestellt werden, sondern auch alle Vergleiche, die selbstverständlich schriftlich abgeschlossen werden. Es ist schlicht unverständlich, warum Rechtssicherheit weiter bestraft werden soll.
  • Objektiv fehlende Wohnungen werden nur gebaut werden, wenn den Wohnungseigentümern nicht stets mit neuen Formen der (teilweisen) Enteignung gedroht wird. Aus dem Grund ist es nicht sinnvoll, potenziellen Bauherren damit Angst zu machen, dass (i) die Überwälzbarkeit von Betriebskosten oder (ii) die Möglichkeit, Bestandverträge zu befristen, eingeschränkt werden wird. Auch starre Mietzinsobergrenzen sind hinderlich, weil diese Investitionen verhindern. Zudem "funktionieren" solche Maßnahmen auch in Deutschland, wo sie unlängst eingeführt wurden, nicht bzw. nur schlecht.
  • Wohnungseigentümer müssen, wenn das Bestreben tatsächlich ist, dass Wohnungen gebaut werden, eine angemessene Rendite aus den Mieten erzielen können.
  • Das Miet- und Wohnrecht muss vom Sozialrecht entkoppelt werden. Wohnraum darf nicht enteignet werden; vielmehr muss der Staat bedürftige Bürger (durch Zuschüsse) unterstützen und ein wirtschaftliches Umfeld schaffen, das Arbeitsplätze entstehen lässt.

Weder die Politik noch der Markt können alleine für "leistbares Wohnen" sorgen: Wenn aber Strafsteuern für Rechtssicherheit abgeschafft werden und ein berechenbares und faires Mietrecht geschaffen wird, werden sofort unzählige Wohnungen auf den Markt kommen; klarerweise müssen Härtefälle vom Sozialsystem abgefedert werden. (Peter Kunz, Thomas Seeber, 7.2.2017)