Wien/Brand – Ursprünglich war Stora Enso nur ein Sägebetrieb, halt ein sehr großer. In den letzten Jahren aber wandelte sich das finnisch-schwedische Unternehmen, das in Österreich drei Werke betreibt, immer mehr zum Hersteller von "Wood Products". Es sind dies ganze Bauteile nach den Maßen hergestellt, wie sie die Bauindustrie verlangt.
Das klingt einfach, ist es aber nicht. Dadurch kommen zu den klassischen Sägeprodukten immer mehr Produkte, die mehr sind als ein simples Schnittholz, erläutert Norbert Hüttler, für den Einkauf der Werke Tschechien und Österreich zuständiger Mann bei Stora Enso.
Platten mit extremer Belastbarkeit, ja ganze Holzmodule bzw. Baukomponenten wurden entwickelt. Diese Produkte gehen in die ganze Welt und verändern langsam, aber sicher das auf Ziegel- und Stahlbeton basierende Bauen in Städten und auf dem Land. Einen 26-prozentigen Marktanteil mit solchen "Wood Products" aus Österreich habe man in Zentraleuropa mittlerweile erreicht, sagt Hüttler bei dem Symposium "Der Wald als Chance" in Brand im Waldviertel.
Große Platten auch für Mehrgeschossbau
Denn diese Produkte, die in den letzten Jahren entwickelt wurden, erlauben eine Fertigteilbauweise, die an Fertigteilstahlbeton erinnert. Die Entwicklung nennt sich Cross-Laminated Timber (CLT), das in den Stora-Enso-Werken in Ybbs und Bad St. Leonhard hergestellt wird. Es sind dies Massivholzbauplatten, die kreuzweise, über mehrere Schichten, verleimt sind. Die Platten können die ansehnliche Größe von 2,95×16 Metern erreichen und werden mehr und mehr bei Massivholzbauten eingesetzt – auch im mehrgeschoßigen Hausbau oder bei architektonisch anspruchsvollen Nutzbauten. Geliefert wird mit exakt den Aussparungen für Fenster, Türen oder Verlegungskabel, die vom Architekten vorgesehen sind.
Spektakuläre Bauten, die mit der Holztechnologie errichtet wurden: eine geologische Forschungsstation in Spitzbergen, ein Komplex von bis zu fünfstöckigen Wohnhäusern in Graz oder das Einkaufszentrum G3 bei Gerasdorf.
Normierungen wichtig
Eine andere Entwicklung im Holzsektor sind LVL, Furnierschichtplatten. Diese werden in finnischen Werken hergestellt und weisen eine noch höhere Festigkeit auf als CLT-Platten. "Das heißt, man kann damit noch höher bauen." Die Entwicklungsarbeit dafür hat viel mit Normierung zu tun, erklärt Hüttler. Denn damit solche Systembauteile verwendet werden können, muss exakt feststehen, was eine verleimte Platte kann bzw. welche Lasten möglich sind.
Grundsätzlich erwartet sich der Konzern Rückenwind bei solchen Produkten. Denn im Vergleich zu Stahl oder Beton kann Holz bekanntermaßen das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) speichern. Der CO2-Fußabdruck ist bei Holzprodukten geringer, denn die Bäume binden beim Wachsen Kohlenstoff in der Atmosphäre, und die Bauten aus Holz fungieren als Kohlenstoffspeicher für die doch recht lange Nutzungsdauer.
Holz wächst nach
In Brand steht eine der drei österreichischen Fabriken, die zum finnisch-schwedischen Holzkonzern gehören – daneben gibt es noch Ybbs und Bad St. Leonhard. Immer mehr erweise es sich für den Standort Brand als vorteilhaft, dass "rundherum nur Wald ist", sodass der Nachschub sozusagen ständig nachwächst. Und wegen der einschichtigen Lage hat man auch keine Anrainerprobleme mit Lärm oder Staub.
Trotz Abgeschiedenheit geht an dem Werk in Brand – das ein traditionelles Sägewerk und ein Leimbinderwerk umfasst – die Digitalisierung nicht vorüber. "Golden Eye" heißt ein Scanner, der die Holzsorten nicht nur erkennt, sondern auch klassifiziert – sodass eine Sortierung einfacher durchzuführen ist.
Insgesamt hat der Konzern, der an den Börsen in Helsinki und Stockholm gelistet ist, rund 27.000 Mitarbeiter in 35 Ländern. Der Umsatz belief sich 2014 auf 10,2 Milliarden Euro. (Johanna Ruzicka, 8.2.2017)