Nun sind doch noch ein paar Tech-Pioniere aufgewacht und empören sich über von Donald Trump verhängte Einreisebeschränkungen. Lange wollten sich die Konzernchefs die gute Laune nicht vermiesen lassen. In den USA herrscht Goldgräberstimmung. Niedrige Steuern, weniger Bürokratie, milliardenschwere Infrastrukturinvestitionen und der versprochene Wegfall lästiger Klimaschutzverpflichtungen haben den Managern die Dollarzeichen in die Augen getrieben. Eine seltsame Einstellung der Business-Community.

Einmal ist es die Hoffnung auf Profite, dann wieder die Angst vor Sanktionen, die das Rückgrat verbiegt. Vor allem die Autoindustrie, die Trump zu Investitionen im Inland drängt, gibt sich handzahm. Ob Ford oder Fiat Chrysler: Im vorauseilenden Gehorsam werden Ausbaupläne für Mexiko revidiert oder zusätzliche Jobs in den USA in Aussicht gestellt, weil Trump mit hohen Zöllen bei der Einfuhr aus dem südlichen Nachbarland droht.

Gut möglich, dass die Ankündigungen nur für die Auslage gedacht sind und ohnehin an den bisherigen Plänen, nur in anderer Verpackung, festgehalten wird. Dennoch bleibt das Bild, dass die einflussreichsten Konzerne die Hosen runterlassen, weil in Washington die Ärmel hochgekrempelt werden.

Abhängigkeiten der Wirtschaft von der Politik – und umgekehrt – sind nicht von der Hand zu weisen, das ist kein US-Spezifikum. Neben den Rahmenbedingungen – Steuern, Zölle, Auflagen – geht es um Förderprogramme und Aufträge, von denen die Konzerne leben. Die Rüstungsindustrie beispielsweise ist den öffentlichen Beschaffern ausgeliefert. Die Pharmabranche hängt stark von der Preisregulierung ab (Trump drängt auf eine drastische Senkung der "astronomischen" Tarife).

Die Energiemultis sind ohnehin stark mit dem Staat verwoben. Ob es um den Ausbau der Öl- und Gasförderung, die Freigabe der von Barack Obama aus ökologischen Gründen blockierten Pipelines oder die angekündigte Kehrtwende beim Klimaschutz geht: Die betroffenen Konzernchefs klatschen Trump und dessen wie ihrem Außenminister Beifall. Mit Rex Tillerson wurde ja der frühere Exxon-Mobil-Präsident zum Chefdiplomaten erkoren.

Wie im postfaktischen Washington die Uhren ticken, zeigen gerade Pläne im Kongress, wonach Zahlungen von Ölkonzernen an ausländische Regierungen künftig nicht mehr veröffentlicht werden müssen. Mit dieser Verpflichtung hatte Obama die korruptionsanfälligen Verflechtungen der Branche insbesondere mit Regimen in Entwicklungsländern offenlegen wollen. Doch auf derartige Einblicke sind weder die Branche noch die Republikaner scharf.

Die Aussicht auf einen Manchester-Liberalismus, "gestört" nur von positiven Interventionen in Form staatlicher Aufträge, hat der Wirtschaft den Kopf verdreht. Entsprechend zurückhaltend – und naiv – reagierte Corporate America: Strafzölle? Werden ignoriert. Benachteiligung von Migranten? Wird schon nicht so schlimm werden. Explodierende Staatsschulden?

Nicht unser Problem. Nun sind wenigstens einige Manager aufgewacht. Fragt sich nur, wie nachhaltig die Bedenken sind. Realistischer erscheint, dass die Chance auf kurzfristige Profite Worte und Taten weiterhin leiten wird. Protektionismus und Diskriminierung spielen keine große Rolle, solange die Kasse stimmt. (Andreas Schnauder, 2.2.2017)