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Emmanuel Macron besucht eine Unternehmensmesse in Paris. Er hat in Umfragen François Fillon überholt.

Foto: AP/Mon

Vor wenigen Wochen waren die politischen Aussichten für Frankreich düster. Zwar lag der Präsidentschaftskandidat der Konservativen, François Fillon, vor Front-National-Chefin Marine Le Pen. Aber Fillon war höchst verwundbar. Seine Mischung aus radikal-liberaler Wirtschaftspolitik und erzkonservativer Gesellschaftspolitik sprach den rechten Rand der Republikaner an, stieß aber zahlreiche Linke ab.

Noch gaben Umfragen Fillon für den Fall einer Stichwahl gegen Le Pen den Vorzug. Aber das Risiko war hoch, dass zu viele Linke bei dieser Konstellation zu Hause bleiben oder aber gar für Le Pen und ihre in vielen Aspekten traditionell linke Wirtschaftspolitik stimmen würden. Fillon war der Mann, der Le Pen in den Élysée-Palast verhelfen könnte.

Schlimmer als Trump?

Das wäre eine Katastrophe, vielleicht größer noch als der Wahlsieg Donald Trumps. Le Pen scheint entschlossen, Frankreich aus dem Euro und sogar aus der EU zu führen. Allein ihre Wahl würde die Union schwerer erschüttern, als es das Brexit-Referendum getan hat. Eine Europagegnerin an der Spitze Frankreichs wäre das Ende der europäischen Integration.

Auch Kandidaten der Sozialisten täten sich gegen Le Pen schwer, dafür hat sich die Partei unter François Hollande zu unbeliebt gemacht. Und der dezidiert linke Sieger der sozialistischen Vorwahlen, Benoît Hamon, spricht einen viel kleinen Teil des Wählerspektrums an, um eine Chance auf den Einzug in die Stichwahl zu haben.

Hamon hat Platz für Macron geschaffen

Dennoch war sein Erfolg gegen Ex-Premier Manuel Valls ein Glück. Denn damit wurde in der Mitte mehr Platz für Emmanuel Macron geschaffen, der als Wirtschaftsminister zurückgetreten und aus der PS ausgetreten ist, um allein in den Präsidentschaftswahlkampf zu ziehen. Dank der Affäre um die Scheinbeschäftigung von Fillons Ehefrau ist Macron plötzlich der Hauptherausforderer von Le Pen.

Und er ist der aussichtsreichste. Anders als Hamon kann er moderate Wähler ansprechen, die weder Sozialismus noch Rechtspopulismus wollen. Und anders als Fillon kann er in einer Stichwahl linke Wähler hinter sich versammeln, die zwar sein liberales Wirtschaftsprogramm nicht mögen, aber ihn als viel kleineres Übel als Le Pen betrachten. Er ist strategisch viel besser aufgestellt als es Alexander Van der Bellen gegen Norbert Hofer war.

Was Chirac gegen Le Pen gelang

Egal, was man von Macron hält – und ich schätze sowohl seine Ideologie als auch seine Persönlichkeit –, er hat als einziger Kandidat im Rennen die Chance das zu tun, was Jacques Chirac 2002 gegen Le Pens Vater Jean-Marie gelungen ist: den Rest der Nation in einer breiten Front gegen Rechtsextremismus zu vereinen.

Chirac erhielt damals 82 Prozent. Das wird gegen Marine Le Pen nicht möglich sein, aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit für Macron ist vorstellbar. Und dies wäre das stärkste vorstellbare Signal gegen den Aufstieg von Extremismus, Nationalismus und Demagogie. En marche!, kann man nur rufen. (Eric Frey, 3.2.2017)