Wien – Die Handelsverflechtungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika sind bedeutend für Österreich. Die USA waren zuletzt der zweitwichtigste Handelspartner nach Deutschland und vor Italien. Kein Wunder, dass es nun eine gewisse Besorgnis darüber gibt, wie sich der Außenhandel im Lichte der Präsidentschaft von Donald Trump und eines möglichen US-Protektionismus weiterentwickelt.

In Österreich hängen einer Schätzung des Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) zufolge eine Bruttowertschöpfung von rund 4,5 Mrd. Euro und rund 60.000 Jobs an den direkten Exporten in die USA. Rechnet man die indirekten Exporte via Deutschland in die USA dazu, so sind es sogar 80.000 Arbeitsplätze. 2015 wurden Waren und Dienstleistungen im Wert von mehr als 9 Mrd. Euro aus Österreich in die USA exportiert, so Wifo-Chef Christoph Badelt im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Wirtschaftskammer (WKÖ) am Mittwoch. Für Austro-Firmen in den USA arbeiten rund 31.000 Menschen, heißt es von der Industriellenvereinigung.

"Wenn die USA ernsthaft einen Handelskrieg auch mit Europa beginnen wollten, dann hätte das natürlich schon nachteilige Auswirkungen auch für uns", sagte Badelt. "Ich weiß nicht, wie lange dann die populistische Politik des US-Präsidenten funktionieren würde." Keiner könne aber prophezeien, was Trump wirklich machen werde.

Teuerere Produkte für Amerikaner

Badelt und auch WKÖ-Vizepräsident Jürgen Roth beruhigten damit, dass ein US-Protektionismus der US-Wirtschaft selbst allerhöchstens kurzfristig helfen würde. Mittel- bis langfristig würden sich aber gerade für US-Bürger wichtige Produkte wie Autos verteuern. Und dann würde, so die These, die Stimmung vielleicht gegen Trump kippen. Trumps Rechnung scheint aber folgende zu sein: Er will billige Energie fördern, die Infrastruktur ausbauen, die Steuern senken und so Wachstum generieren.

"Zündeln mit Protektionismus, wie wir es in den letzten Monaten in Österreich und auch vom neuen US-Präsidenten erleben, ist brandgefährlich und hat sich in der Geschichte noch immer als Bumerang erwiesen. Am Ende gibt es keine Gewinner, nur Verlierer", betonte WKÖ-Vize Roth.

Insgesamt sorgt das Vorgehen des US-Präsidenten jedenfalls für Verunsicherung bei Austro-Unternehmen. "Es gibt Unklarheiten, aber auch kein Zu-Tode-Fürchten", sagte Michael Löwy, Bereichsleiter Internationale Beziehungen bei der Industriellenvereinigung (IV) am Mittwoch im APA-Gespräch. Er dachte darüber nach, ob auch die Verteuerung bestimmter Produkte Trump womöglich nicht bremsen würde, wenn er ansonsten wirtschaftliche Erfolge erzielen würde. Die US-Exportquote sei mit 12 Prozent im Vergleich zu Österreich oder Europa auch sehr niedrig und das Handelsdefizit ohnehin gering. Hoffnung könnte sein, dass sich sehr wohl exportstarke US-Unternehmen gegen den womöglich kommenden Protektionismus aufbäumen, so Löwy.

Im Raum steht ja eine US-Importsteuer und womöglich "Strafzölle" von Mexiko für den Mauerbauer zum südlichen Nachbarland. Das würde österreichische Autozulieferer treffen, von denen einige von Mexiko hauptsächlich in die USA liefern, erklärte Löwy. "Das würde rasch durchschlagen", so der IV-Vertreter.

Breiter aufstellen

Eine neue Studie des Wifo, die heute präsentiert wurde, besagt, dass sich Österreich im Export – sowohl nach Warengruppen als auch nach Zielregionen – breiter aufstellen sollte. Dazu seien vor allem Investitionen in der Heimat in die Bereiche Forschung und Entwicklung, Bildung und Erneuerbare Energien möglich, sagte Wifo-Fachfrau Elisabeth Christen bei der Pressekonferenz, bei der auch der EU-Kanada-Freihandelspakt CETA verteidigt wurde.

In Österreich sind laut AmCham (US-amerikanische Handelskammer) übrigens rund 335 US-Firmen tätig. Umgekehrt arbeiten für Austro-Firmen in den USA 31.000 Leute.

Auch die WU-Professoren Harald Badinger, Jesus Crespo Cuaresma und Harald Oberhofer betonten am Mittwoch, dass der Freihandel für die österreichische Volkswirtschaft mehr Vorteile als Nachteile gebracht habe. Der direkte Zusammenhang zwischen internationalem Handel und Pro-Kopf-Einkommen zeige deutlich, dass das weltweite Handelswachstum zur Reduktion der weltweiten (absoluten) Armut in den letzten Jahrzehnten beigetragen habe, meinten sie nicht zuletzt in Reaktion auf das heimische Anti-CETA/TTIP-Volksbegehren.

Aktuellen Berechnungen zufolge führe eine Ausdehnung des Handelsvolumens um einen Prozentpunkt gemessen an der Gesamtwertschöpfung zu einer durchschnittlichen Reduktion der absoluten Armut um 0,17 Prozentpunkte, erläutern die WU-Ökonomen in einer Aussendung. Eine Senkung der Zollsätze um einen Prozentpunkt reduziere durchschnittlich den Anteil an Personen, die unterhalb der absoluten Armutsgrenze liegen um 0,4 Prozentpunkte. (APA, 1.2.2017)