Wien – Ein allfälliges Kopftuchverbot für Richterinnen und Staatsanwältinnen ist für Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) kein Thema. Denn deren Kleidung in Ausübung ihrer hoheitlichen Funktion ist klar geregelt, wie der Minister am Dienstag sagte: Talar und Barett.

Noch vor etwas mehr als drei Wochen hatte Brandstetter Unterstützung für einen Vorschlag von Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) signalisiert, der für ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen und Richterinnen ausgesprochen hatte. Die Richtervereinigung hatte sich daraufhin "verwundert" gezeigt, zumal Kreuze als ebenfalls religiöse Symbole nicht infrage gestellt würden.

Holzinger spricht von Polarisierung

Brandstetter-Sprecherin Katharina Holzinger wies am Dienstag in der Diskussion um Pläne der Regierung, religiöse Symbole im öffentlichen Dienst zu verbannen, auf eine fehlende Vorschrift bezüglich der Kreuze hin. "Es gibt keine Regelung, die ein Kreuz verbietet oder vorschreibt. Insofern brauchen wir nichts zu ändern." Der Präsident der Richtervereinigung, Werner Zinkl, hatte zuvor erklärt, dass ein weltanschauliches Neutralitätsgebot eine langjährige Forderung der Richter sei und die Hoffnung ausgedrückt, dass auch das christliche Kreuz in den Verhandlungssälen bald der Vergangenheit angehören werde. Holzinger bezeichnete die Forderung als nicht sinnvoll, da sie polarisierend wirke.

Die Bekleidung von Richtern ist peinlichst genau in der "Verordnung des Bundesministeriums für Justiz vom 9. Mai 1962 über die Beschaffenheit, das Tragen und die Tragdauer des Amtskleides der Richter" geregelt, die zuletzt 2001 geändert wurde. Darin heißt es unter anderem. "Die Richter haben bei allen Verhandlungen vor dem erkennenden Gericht das Amtskleid zu tragen. Sie haben zur Urteilsverkündung und zur Eidesabnahme das Haupt mit dem Barett zu bedecken."

Verständnis von Czernohorszky

Der erst seit wenigen Tagen amtierende Wiener Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) hat am Dienstag Akzeptanz gegenüber dem geplanten Verbot der Vollverschleierung geäußert: "Der Bundeskanzler hat gestern bereits bekräftigt, dass es sich bei diesem Verbot um eine symbolische Maßnahme handelt, die in Österreich quantitativ im Grunde kein Problem darstellt."

Ausdrücklich Lob aus Wien setzte es für das verpflichtende Integrationsjahr, das erstmals ein flächendeckendes Integrationskonzept für ganz Österreich vorsehe, wie Czernohorszky betonte: "Menschen können dadurch schneller in unsere Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt integriert werden – und zwar ab dem ersten Tag! Das ist ein Weg, den wir auch in Wien eingeschlagen haben."

Zurückhaltend zu einem Verschleierungsverbot gab sich die Obfrau der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer, Petra Nocker-Schwarzenbacher. "Wir mischen uns grundsätzlich nicht in die Politik ein", meinte sie. Zunächst gelte es aber, Erfahrungswerte mit einem möglichen Verschleierungsverbot zu sammeln: "Wie das gehandhabt wird, wird man beobachten."

Grundsätzlich sei allerdings jeder Gast aus einem fernen Land willkommen, betonte Nocker-Schwarzenbacher, denn: "Tourismus heißt auch Toleranz." Aber auch für die Beweggründe der Regierung für die geplante Maßnahme zeigte sie Verständnis und betonte, dass es sich um ein besonders sensibles Thema handle. (APA, 31.1.2017)