Bundeskanzler Christian Kern warnt mögliche Quertreiber.

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Wien – Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) warnt mögliche Quertreiber davor, das überarbeitete Regierungsabkommen zwischen SPÖ und ÖVP zu torpedieren. Nicht nur Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und er seien gefordert, sondern "viele rundherum, von den Ländern, von den anderen Ministern, von den Abgeordneten", sagte Kern am Dienstag im Ö1-"Morgenjournal".

Treibe man die Konflikte der beiden Großparteien auf die Spitze und hinterlasse hier bewusst "verbrannte Erde", stehe Österreich vor einer Zäsur. "Dann wird die nächste Regierung mit Sicherheit nicht mehr aus SPÖ und ÖVP bestehen", so Kern. "Alle, die besonnen sind und das Interesse haben, in unserem Land eine pragmatische Politik der Ausgewogenheit zu haben, die müssen sich ganz gut überlegen, ob sie hier die Lunte an einem Pulverfass anzünden oder nicht."

Die Regierung erziele zwar gute Ergebnisse, "aber wir zerstören sie uns selbst durch Streitereien". Deshalb habe er gefordert, sich für einen neuen Regierungspakt zusammenzusetzen, und "das musste man natürlich mit Riesennachdruck machen", so Kern unter Anspielung auf seine implizite Neuwahldrohung. "Deswegen ist es manchmal notwendig, sich deutlich zu äußern – das mag man Inszenierung nennen oder nicht, aber 95 Prozent der Politik, die geboten wird, bestehen aus Inszenierung." In diesem Fall habe es "dem Zweck gedient, am Ende alle auf einen Weg zu bringen, und ich bin froh, dass das gelungen ist".

Kurz will niedrigere Obergrenze

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) will unterdessen bei der Obergrenze für Asylwerber weiterverhandeln. "Ich habe immer gesagt, dass die Obergrenze, auf die man sich geeinigt hat, bei weitem zu hoch angesetzt wurde", sagte Kurz im "Morgenjournal". "Jetzt wird es aus meiner Sicht weitere Verhandlungen geben." In dem am Montag präsentierten Koalitionspakt wird die Obergrenze nicht erwähnt.

Zufrieden ist Kurz mit dem geplanten Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Raum: "Niemand darf vollverschleiert mit Nikab oder Burka in Österreich unterwegs sein." Ob das Kopftuchverbot für bestimmte Berufe im öffentlichen Dienst auch für Lehrer gelten soll, ließ Kurz offen. Die Kreuze in Klassenzimmern blieben aber "selbstverständlich" hängen.

Pensionssystem "wird sich auf Dauer nicht ausgehen"

Bei einer Veranstaltung in der Politischen Akademie der ÖVP am Montagabend kritisierte Kurz zudem, dass das "ungelöste und immer wieder verschobene Thema der Pensionen" in den vergangenen Wochen kein großer Diskussionspunkt war. "Wenn man aber darüber spricht, wie man Österreich nachhaltig solide aufstellen will, dann muss man das Thema natürlich ansprechen. Jeder, der rechnen kann, weiß, wenn wir da nicht nachschärfen, dann wird sich das auf Dauer nicht ausgehen."

Kurz will generell über eine Reform des Sozialstaats diskutieren, denn dieser gerate durch Phänomene wie Digitalisierung und Migration zunehmend unter Druck. Das "allergrößte Problem" sei aber die Stimmung in puncto Sozialstaat. "Wir haben immer mehr Menschen, die die Denke haben, dass der Sozialstaat eigentlich eine gute Alternative zum Arbeitsleben sein kann", erklärte der Außenminister. "Wenn wir einen starken Sozialstaat aufrechterhalten wollen, dann müssen wir bei Fehlentwicklungen gegensteuern, müssen da und dort nachschärfen und vor allem das System modernisieren. Die bedingungslose Vollversorgung, die kann nicht unser Ziel sein." (APA, red, 31.1.2017)