Der Lada Vesta kam Ende 2015 auf den Markt und geht bei den Russen ganz gut weg: Mehr als 50.000 Käufer fanden sich für den Wagen.

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Die Talsohle ist erreicht: Gerade einmal 1,4 Millionen Neuwagen wurden im vergangenen Jahr in Russland verkauft; ein Minus von elf Prozent gegenüber 2015 und die Halbierung des Spitzenwerts anno 2012 – damals waren es sogar knapp drei Millionen. Von Moskaus einst hochfliegenden Ambitionen, Deutschland als Automarkt Nummer eins in Europa ablösen zu wollen, ist wegen Rubelkrise und sinkenden Reallöhnen der Russen wenig übriggeblieben.

Doch immerhin sehen Experten nun einen Aufwärtstrend: Jörg Schreiber, Leiter des Automobilkomitees bei der "Assoziation des Europäischen Business" in Russland prognostizierte bereits zu Jahresbeginn ein "bescheidenes Wachstum" von vier Prozent. Die Analysten des Informationsdienstleisters IHS sind sogar noch optimistischer. Heuer werde der russische Markt um 8,5 Prozent wachsen und 2019 die Schwelle von zwei Millionen verkauften Neuwagen wieder überschreiten. Bis 2026 sei sogar der Anstieg auf drei Millionen Pkw möglich. Voraussetzung dafür sei allerdings ein steigender Ölpreis und die Abschaffung der westlichen Sanktionen gegen Russland, die IHS schon im zweiten Halbjahr 2017 fallen sieht.

Nachholbedarf

Russische Experten gehen heuer sogar von zehn Prozent Wachstum aus. Neben dem wieder etwas erstarkten Rubel wird auch der Nachholbedarf der Konsumenten als Ursache genannt. Viele Russen haben den Autokauf wegen der unsicheren Wirtschaftslage in den letzten Jahren verschoben.

Vor allem westliche Automobilhersteller hoffen auf das Szenario wachsender Kaufkraft in Russland. Denn der Rückgang der Verkaufszahlen hat sie trotz einer teilweise bereits erfolgten Lokalisierung der Produktion stärker als einheimische Hersteller getroffen: Die Verluste bei den billigeren russischen Automarken Lada, UAZ und Gaz hielten sich nämlich in Grenzen. Lada-Produzent Avtovaz verlor zwar in absoluten Zahlen, konnte seinen Marktanteil nach einer jahrelangen Schrumpfkur 2016 wieder um fast zwei Prozent auf 18,7 Prozent steigern. Gaz und UAZ konnten in dem schwierigen Umfeld sogar leicht zulegen.

Zum Erfolg verdammt

Der US-Gigant GM hat sein Werk in St. Petersburg stillgelegt, doch für die meisten Hersteller kommt ein Rückzug aus Russland nicht infrage; nicht nur wegen der schon getätigten Millioneninvestitionen, sondern auch weil die russische Regierung den eigenen Markt immer noch abschottet. Zwar senkten sie ihre Produktion in Russland, aber der Rückgang fiel mit 7,8 Prozent weniger stark aus als der Nachfrageeinbruch.

Zudem gibt es ungeachtet der Krise Pläne zum Aufbau weiterer Autofabriken im Land: Zuletzt hat sich der deutsche Automobilproduzent Mercedes nach jahrelangem Zögern für die Eröffnung eines 300 Millionen Euro teuren Werks im Gebiet Moskau entschieden. 2019 sollen die ersten Modelle der C- und E-Klasse dort vom Band laufen.

Auf das Ansteigen der Produktion in Russland hofft auch der kanadisch-österreichische Zulieferkonzern Magna. Im vergangenen Jahr sei der Druck durch die fallende Nachfrage sehr groß gewesen, bekannte der für das operative Geschäft in Russland zuständige Direktor Ilja Smolin. Das Unternehmen ist in Russland nicht nur mit einer Fabrik im "russischen Detroit" St. Petersburg, sondern auch Kaluga (für VW), Nischni Nowgorod (für Hyundai und Gaz) und im tatarischen Standort Nabereschnye Tschelny (für Ford) vertreten. (André Ballin aus Moskau, 31.1.2017)