François Fillon mit Gattin Penelope. Das Paar muss beweisen, dass sie tatsächlich für ihn arbeitete.

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Es brodelt im "Ententeich" – wie das Wochenblatt Le Canard enchaîné seine meistgelesene Rubrik über das Biotop der Pariser Politik nennt. Die neueste Enthüllung der "angeketteten Ente" trifft den Favoriten des Präsidentschaftswahlkampfs frontal. Demnach soll Fillon seine Ehefrau Penelope ab 1998 als Parlamentsassistentin mit seiner staatlichen Unkostenentschädigung jahrelang entlohnt haben. Der Gesamtbetrag erreicht die erkleckliche Summe von 500.000 Euro.

Diese Anstellung ist an sich nicht illegal: Mehr als 100 der 577 Abgeordneten in der französischen Nationalversammlung beschäftigen auf diese Weise Gattin, Kinder oder Neffen. Das gilt als normal in Paris, wo der Staatschef seine Exfreundin in die Regierung holt oder Minister vorzugsweise Journalistinnen ehelichen, die sie interviewen. "Pariser Mikrokosmos" wird das genannt. Oder einfacher: Versailler Hofsitten.

Der Vorwurf an Fillon geht allerdings noch weiter: Die aus Wales stammende Gattin des konservativen Spitzenkandidaten soll monatlich zwischen 3900 und 7900 Euro verdient haben, ohne eine Gegenleistung zu erbringen. Das entspräche dem Tatbestand der Veruntreuung öffentlicher Gelder. Die 2013 geschaffene Finanzstaatsanwaltschaft hat deshalb nur wenige Stunden nach Erscheinen des Canard-Artikels ein Vorverfahren eröffnet.

De Gaulle vor dem Richter

Der Vorwurf solcher Scheinjobs wiegt schwer: Er hatte schon dem gaullistischen Expräsidenten Jacques Chirac und dessen Premierminister Alain Juppé bedingte Haftstrafen eingebrockt. In der Präsidentschaftsvorwahl verschaffte dies dem Saubermann Fillon einen Vorteil gegenüber Juppé. Und auch gegen den affärenbelasteten Gegenspieler Nicolas Sarkozy. Um ihn auszustechen, hatte Fillon im Herbst sehr wirkungsvoll ausgerufen: "Wer könnte sich General de Gaulle auf der Anklagebank vorstellen?"

Fillon hat keine überzeugende Antwort. Er reagierte zwar sehr prompt und ließ am Donnerstag der Finanzjustiz Dokumente zukommen, die beweisen sollen, dass seine 61-jährige Frau durchaus als parlamentarische Assistentin gewirkt habe.

Am Abend erklärt er auf dem TV-Sender TF1, sein Frau habe seit jeher und in aller Diskretion für ihn gearbeitet; sie habe seine Redetexte korrigiert, Leute getroffen und ihn bei Anlässen vertreten. Fillon fügte an, er würde nur zurücktreten, falls ein Strafverfahren gegen ihn eröffnet würde.

Im Parlamentsbetrieb scheint Penelope Fillon allerdings eine Unbekannte gewesen zu sein, wenn man auf die Augenzeugenberichte direkt Betroffener abstellt. "Ich habe nie mit ihr gearbeitet", meinte eine andere Assistentin aus dem gleichen Parlamentsbüro. Auch sie selbst hatte einst erklärt: "Ich habe mich nie ins politische Leben meines Mannes eingebracht."

Noch ist offen, wie sich die Affäre auf den schnelllebigen Präsidentenwahlkampf auswirkt. Die Sozialisten, derzeit mit ihrer Vorwahl zwischen Manuel Valls und Benoît Hamon beschäftigt, halten sich eher zurück. Fillons Hauptgegnerin Marine Le Pen, die sonst sehr schnell und laut reagiert, schweigt diesmal zu den Enthüllungen. Die französische Justiz ermittelt nämlich auch gegen die Kandidatin des Front National: Sie soll unter anderem ihre ehemalige Schwägerin mit einem Scheinjob beschäftigt haben, in Wahrheit sei die Frau für den Front National tätig gewesen. (Stefan Brändle aus Paris, 26.1.2017)