Wien – Während die Philharmoniker am Dirigentenpult hauptsächlich auf Altbewährtes setzen und Orchesterleiter unterhalb des Pensionsalters meist still und heimlich bei der Salzburger Mozartwoche ausprobieren, offerieren die Symphoniker dem Wiener Publikum regelmäßig neue und interessante Dirigenten. In den letzten Jahren etwa Lorenzo Viotti oder Robin Ticciati.

Am Mittwoch feierte man im Großen Musikvereinssaal mit Gustavo Gimeno den öffentlichen Erstkontakt zwischen Orchester und Orchesterleiter. Der Mann aus Valencia ist seit der letzten Saison Chefdirigent des Orchestre Philharmonique du Luxembourg, war Assistent von Mariss Jansons beim Amsterdamer Concertgebouworchester und nennt Bernard Haitink und Claudio Abbado als prägende Mentoren. Wenn man den feingliedrigen Mann mit kerzengerader Haltung und wallendem Haar betrachtete, erinnerte er aber an einen anderen Großen, nämlich an Riccardo Muti.

Auch musikalisch: In Franz Schuberts Ouvertüre im italienischen Stile D 590 gab es Momente von aristokratischem Aplomb, den Esprit grundierte eine militärische Strenge. Die hemdsärmelige Radikalität der Originalklangensembles darf man vom 40-Jährigen nicht erwarten, da schimmerte eher Mutis hohe Schule der Tondressur durch. Fein ziseliert und abgezirkelt wurde etwa das Themenmaterial im Kopfsatz von Schuberts dritter Symphonie D 200 präsentiert, das Allegretto wirkte geziert. Wundervoll differenziert und frei gelang der solistische Pas de deux von Oboe und Fagott im Trio des dritten Satzes, die finale Tarantella des Presto vivace zeigte sich festgezurrt im Korsett der Präzision.

Mit rustikaler Intensität und sattem Ton interpretierte Baiba Skride nach der Pause Karol Szymanowskis aus Terzenmaterial gebautes und folkloristisch grundiertes zweites Violinkonzert op. 61. Glasklar das orchestrale Glitzern und Funkeln beim Lever du jour in Maurice Ravels zweiter Suite von Daphnis et Chloé, prachtvoll der Aufgang der Sonne. Lautstark, doch mehr akkurat als ekstatisch wurde die Danse générale beschlossen: Gimeno, ehemaliger Soloschlagzeuger des Concertgebouworchesters, hatte das Orchester fest im Griff. Freundlicher Beifall. (Stefan Ender, 26.1.2017)