Washington/Wien – Nicht dass Donald Trumps außenpolitische Linie inzwischen klar zu skizzieren wäre. Dafür bleiben auch nach 597 Tagen Wahlkampf, 14 TV-Duellen und einer fast dreimonatigen Übergangszeit weiterhin zu viele Details unklar. Dass Donald Trump als 45. Präsident der Vereinigten Staaten so einiges anders anzugehen gedenkt als seine Vorgänger, hat er bei seiner Amtseinführung am vergangenen Freitag noch einmal klargestellt. Seine generelle Linie, das ist eine "Amerika first" -Doktrin.

Mit seinen ersten Maßnahmen hat Trump gezeigt, dass er durchziehen möchte, was er angekündigt hat: Trump hat Amerikas Abschottung in die Wege geleitet. Die USA hinterfragen alte Allianzen und stoßen die Neuordnung der Weltwirtschaft an. Er bricht also tatsächlich mit den Leitsätzen und Pfeilern, die sein Land nach 1945 entworfen und bewahrt hat.

Klargemacht hat Trump das bereits am Montag, Tag eins seiner Ägide, mit der Ankündigung des Rückzugs aus dem transpazifischen Handelsabkommen TPP und der Neuverhandlung des Nafta-Freihandelsvertrags mit Mexiko und Kanada. Weiters hat er klargemacht, dass er im Gegensatz zu Obama die Briten beim Aushandeln eines Freihandelsabkommens mit den USA bevorzugt behandeln möchte. Als ersten Staatsgast im Weißen Haus empfängt der Präsident am Freitag konsequenterweise die britische Premierministerin Theresa May.

Erratisch, aber mit Vorbild

Trumps Kurs erschreckt also die einen und freut zugleich die anderen – gänzlich neu aber ist er nicht. Daran erinnerte der renommierte US-Politikwissenschafter und Experte für transatlantische Beziehungen, Daniel Hamilton, bei einem Gespräch mit Journalisten auf Einladung der US-Botschaft in Wien. Hamilton hat als Diplomat im Außenministerium gearbeitet, heute ist er Austrian Marshall Plan Foundation Professor an der School of Advanced International Studies (SAIS) der Johns Hopkins University in Washington DC sowie dort auch Direktor des Center for Transatlantic Relations.

Während in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg in Washington vor allem die "Wilsonians" (Doktrin des Woodrow Wilson) und "Hamiltonians" (nach Alexander Hamilton) die Handels- und Außenpolitik der USA bestimmt haben, gewinnen allmählich zwei weitere Denkschulen an Bedeutung, sagt Hamilton: Anhänger der von Thomas Jefferson geprägten Doktrin (" Jeffersonians") wie Barack Obama und jene des "Jacksonianismus", zu denen Trump zählt. Beide richten im Gegensatz zu Ersteren ihren Blick vor allem nach innen. Während "Jeffersonians" die Rolle Amerikas in der Welt vom Zustand zu Hause abhängig machen, zeigen "Jacksonians" keinerlei Interesse an der Außenwelt, am Auftreten gegen Diktaturen und für Menschenrechte. Wird das Land jedoch angegriffen, muss Amerika mit voller Härte zurückschlagen: Wie etwa im Kampf gegen den "Islamischen Staat", bei dem Trump auf die Zusammenarbeit mit Russland setzen möchte.

Eine außenpolitische Strategie verfolge der neue Präsident dabei nicht, er konzentriert sich laut Hamilton stattdessen lieber auf drei Themen: Mexiko (Schritte gegen Migration und Nafta), der Kampf gegen den Terrorismus und die Rivalität zu China. Wie auch der siebte Präsident der Vereinigten Staaten, Andrew Jackson (1829 bis 1837), sehe auch Trump seine Aufgabe vor allem darin: "Immer den besten Deal für Amerika auszuverhandeln, auf jeder Ebene", sagt Hamilton.(Anna Giulia Fink, 25.1.2017)