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Rebellenführer Mohammed Alloush: Lob für die Russen.

Foto: AP / Sergej Grits

Astana/Wien – Das syrische Regime und die syrischen Rebellen sind einander bei den Gesprächen in der kasachischen Hauptstadt Astana keinen Zentimeter näher gekommen – und dennoch hatte das zweitägige Treffen das Zeug dazu, Bewegung in die Fronten zu bringen. Den Satz, der das erhellt, hat Mohammed Alloush, der Chef der Rebellendelegation, in Astana formuliert: "Die Russen haben das Stadium, in dem sie eine kämpfende Partei waren, hinter sich gelassen und bemühen sich jetzt, zum Garanten zu werden. Aber sie treffen auf eine Menge Widerstand vonseiten der Hisbollah, des Iran und des Regimes."

Erstaunlich: Das klingt so, als ob die Rebellen – die laut russischer Aussage im Herbst 2015 davor standen, das Assad-Regime zu stürzen, was Russland durch seine Militärintervention verhindert hat – mit der neuen russischen Rolle leben können. Die Konstellation, in der die drei Organisatoren der Gespräche von Astana auftraten, war implizit so: Russland ist der Broker, die Türkei und der Iran vertreten die Interessen der Rebellen beziehungsweise des Regimes. Ganz so, wie es früher die USA und Russland getan haben.

Der russische Präsidentensprecher Dmitri Peskow stellte am Mittwoch weitere Astana-Runden in Aussicht. Beim Treffen am Montag und Dienstag ist es den Organisatoren ja noch nicht gelungen, Rebellen und Regime direkt miteinander in Kontakt zu bringen. Das Schlusskommuniqué war ebenfalls eine reine Angelegenheit der drei Staaten, von dem sich die Rebellen auch prompt distanzierten. Für sie wird die Problematik der vom Iran abhängigen Pro-Regime-Milizen nicht genügend berücksichtigt.

Aber die Russen machen weiter: Für Freitag hat Außenminister Sergej Lawrow die politische Exilopposition nach Moskau eingeladen. Sie nahm in Astana nicht teil: Dort waren Vertreter kämpfender Gruppen, denn es ging ja darum, Schritte zu setzen, die aus der äußerst brüchigen Feuerpause in Syrien einen Waffenstillstand werden lassen. Der "Mechanismus", mit dem Russland, der Iran und die Türkei die Waffenruhe überwachen und Verletzungen beurteilen wollen, ist noch nicht ausgearbeitet, das soll in einer Woche der Fall sein.

Ungelöstes Wasserproblem

Ein ungelöstes Problem und möglicher Stolperstein bleibt das Barada-Tal bei Damaskus, in dem das Regime mit Rebellen um die Kontrolle des Wassers für die syrische Hauptstadt ringt – und dort auch keinem Einfrieren des Konflikts zustimmen wird. Das syrische Regime hat aber einen russischen Schuss vor den Bug bekommen, als Moskau betonte, keine Verletzungen der Waffenruhe von welcher Seite auch immer dulden zu wollen.

Aber obwohl die Türkei bestimmt mehr Gewicht bei den Rebellen hat als die USA, die sich vor einem Jahr mit Russland um einen Waffenstillstand bemühten, sind die Probleme seitdem im Grunde genommen die gleichen geblieben: Auch heute geht es darum, "Terroristen" von "moderaten" Rebellen zu trennen, solchen, die bei der Neuordnung Syriens mit am Tisch sitzen sollen (auch wenn sie teilweise Islamisten sind).

Der "Islamische Staat" und die Jabhat Fatah al-Sham – Fatah-Front, früher hieß sie Nusra-Front und war ganz offen mit Al-Kaida verbündet – sind ja aus jeder Waffenruhe-Regelung ausgeschlossen. Die Fatah-Front bleibt weiter sehr stark, seit Jahresbeginn war sie Ziel massiver Luftangriffe der USA. Dass sich andere Rebellengruppen von ihr massiv abzusetzen beginnen, war jedoch bisher nicht zu beobachten: Beobachter meinen, das würden sie erst machen, wenn auf der anderen Seite die Iran-abhängigen Milizen aus dem syrischen Kriegstheater verschwänden.

Vielleicht tut sich aber jetzt doch etwas: Die Fatah-Front begann am Dienstag mit massiven Angriffen auf andere Rebellen in der Nähe von Idlib und in der Provinz Aleppo. Die Spannungen in den dortigen Rebellenhochburgen haben sich seit dem Sieg des Regimes in Ostaleppo erhöht – und die Fatah-Front ist natürlich nicht erfreut, dass Teile der Freien Syrischen Armee – der Oberbegriff für die Rebellen – nun nach Astana gegangen sind. Die Fatah-Front griff jedoch auch die Ahrar al-Sham an, eine Gruppe, die nicht in Astana war. Weitere Kämpfe gab es zwischen der Jund al-Aqsa und sowohl der Fatah-Front als auch der Ahrar al-Sham. Die Jund al-Aqsa wird als IS-Frontorganisation eingestuft. (Gudrun Harrer, 25.1.2017)