Unter Druck: Frankreichs konservativer Kandidat François Fillon muss sich erklären.

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Paris – Nach Enthüllungen über eine mögliche Scheinbeschäftigung der Ehefrau des konservativen französischen Präsidentschaftskandidaten François Fillon hat die Justiz erste Ermittlungen eingeleitet. Unter anderem werde dem Verdacht der Veruntreuung öffentlicher Mittel nachgegangen, teilte die nationale Finanzstaatsanwaltschaft in Paris am Mittwoch mit.

Die Zeitung "Le Canard Enchaine" hatte zuvor berichtet, dass Fillons Frau Penelope von 1998 bis 2002 als parlamentarische Mitarbeiterin für ihren Mann und anschließend für dessen Nachfolger gearbeitet habe. Insgesamt soll sie laut dem Bericht etwa 500.000 Euro aus der Parlamentskasse erhalten haben. Die Untersuchung solle nun klären, ob Penelope Fillon tatsächlich Gegenleistungen erbracht habe, berichtete die Zeitung "Le Parisien".

Sprecher Fillons hatten die Anstellung bestätigt. Sie äußerten sich aber nicht zum Gehalt und betonten, eine solche Beschäftigung sei völlig legal.

"Schlammschlacht eröffnet"

Fillon reagierte empört auf den Medienbericht. "Ich sehe, dass die Schlammschlacht eröffnet ist", sagte der Konservative bei einer Reise nach Bordeaux vor Journalisten. "Ich gebe keinen Kommentar ab, weil es nichts zu kommentieren gibt."

Viele Abgeordnete beschäftigten ihre Ehepartner, betonte Fillon-Sprecher Thierry Solere gegenüber dem Sender RFI. Solere kritisierte einen Versuch, "jemanden anzupatzen, der völlig ehrlich ist". Abgeordnete dürfen in Frankreich Familienmitglieder als parlamentarische Mitarbeiter beschäftigen, das ist sogar eine weit verbreitete Praxis, die jedoch immer wieder für Diskussionen sorgt.

Der sozialistische Innenminister Bruno Le Roux verlangte im Radiosender RTL "Erklärungen" zu Penelope Fillons Rolle als parlamentarische Mitarbeiterin. Der Verdacht einer Scheinbeschäftigung sei eine "schwerwiegende Anschuldigung", vor allem wenn jemand Präsident werden wolle.

Arbeit umstritten

"Er muss sich erklären", forderte auch der sozialistische Präsidentschaftsanwärter Manuel Valls. "Man kann sich nicht als Kandidat der Ehrlichkeit und Transparenz darstellen und dann nicht in der Lage sein, zu antworten."

Ein Fillon-Sprecher betonte, dessen Frau habe durchaus als Assistentin in der Nationalversammlung gearbeitet. Dies bestätigte auch der frühere Parlamentspräsident, Fillons Parteifreund Bernard Accoyer.

Unabhängig davon, ob sich der Verdacht einer möglichen Scheinbeschäftigung erhärtet oder nicht – die Enthüllungen könnten Fillons Ansehen schaden. In den sozialen Netzwerken reagierten am Mittwoch zahlreiche Nutzer empört. Der konservative Ex-Premier hatte im November die Präsidentschaftsvorwahl der konservativen Republikaner klar für sich entschieden.

Umfragefavorit im Trudeln

Fillon galt bisher als klarer Favorit bei der Präsidentschaftswahl. Laut Umfragen könnte zwar Front-National-Chefin Marine Le Pen die erste Runde der Wahl im April gewinnen. Für die Stichwahl im Mai sagten Meinungsforscher bisher aber einen klaren Sieg Fillons voraus.

FN-Politiker hielten sich am Mittwoch mit Stellungnahmen zurück. Le Pens Wahlkampfleiter David Rachline sprach auf Twitter lediglich von einer "schwammigen Erklärung" Fillons. Der Chefin des Front National wird selbst vorgeworfen, als Europaabgeordnete eine frühere Schwägerin als Assistentin beschäftigt zu haben.

Der Präsidentschaftskandidat der Grünen, Yannick Jadot, spielte auf Fillons selbstgewähltes Image als untadeliger Politiker und sein Vorbild Charles de Gaulle an. "Wer könnte sich vorstellen, dass Frau de Gaulle eine Scheinbeschäftigung angenommen hätte?", fragte Jadot im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Fillon hatte im Wahlkampf über den früheren Präsidenten Nicolas Sarkozy gesagt: "Wer könnte sich vorstellen, dass de Gaulle angeklagt worden wäre?" Sarkozy ist in zahlreiche Justizaffären verstrickt. (APA, 25.1.2017)