Die Staatssekretäre von SPÖ und ÖVP präsentierten die Digital Roadmap Austria: Muna Duzdar und Harald Mahrer.

Foto: bka/Christopher Dunker

Der digitale Fahrplan ("Digital Roadmap") des Bundeskanzleramts ist nach neun Monaten des Schweigens inhaltlich, formal sowie technisch gescheitert. Der versprochene Konsultationsprozess hat quasi nicht stattgefunden, die "digitale Strategie der österreichischen Bundesregierung" liest sich wie eine Wunschliste diverser Lobbyorganisationen. Die Vorgehensweise rund um die "Digital Roadmap" seit Jänner 2016 spiegelt den Unwillen der Bundesregierung wider, sich mit Themen wie Transparenzgesetz und direkte Demokratie zu beschäftigen, und gefährdet damit die digitale – und ebenso die analoge – Zukunft Österreichs.

Der "digitale Wandel" vollzieht sich seit den 1960er-Jahren mit zunehmender Geschwindigkeit und stellt seither die Politik vor immer größere Herausforderungen. Wir begrüßen es nachdrücklich, dass die österreichische Bundesregierung, wenn auch spät, eine Strategie für den Umgang mit dieser Entwicklung erarbeiten möchte. Ebenso richtig ist es aus unserer Sicht, die Zivilgesellschaft als wesentlichen Betroffenen und Akteur in diesen Vorgang einzubinden.

Unverständlich: Datenschutz und Privatsphäre fehlen

Dass ebendiese Beteiligung allerdings erst zugelassen wurde, als Struktur und Gewichtung des Zieldokuments bereits festgelegt waren, schaffte keine sinnvollen Beteiligungsmöglichkeiten. Um alle mehr als 400 Punkte der "Digital Roadmap" zu kommentieren, hätte ein Bürger, eine Bürgerin nach unseren Berechnungen mehr als vier Arbeitstage Zeit aufwenden müssen – etwas, das den Lobbyorganisationen leichtfiel.

Ebenso wenig ist nachvollziehbar, ob beziehungsweise welche der mehr als 2.200 Kommentare in die "digitale Strategie" eingeflossen sind. Die essenziellen Themenbereiche "Datenschutz", "Privatsphäre" und "Auswirkungen der Digitalisierung auf die Gesellschaft" wurden in der "Digital Roadmap" nicht einmal thematisiert. Soziale Herausforderungen, die sich aus der "Digitalisierung" ergeben, wurden in dem Dokument ebenfalls nicht angesprochen, obwohl diese den Staat in den kommenden Jahren vor große Herausforderungen stellen werden, wenn beispielsweise auch "besser qualifizierte" Jobs durch Automatismen ersetzt werden.

Alternativer Vorschlag

Anstatt einer "Digital Roadmap" wäre es zielführender, die nachfolgenden Punkte zu diskutieren, um eine Basis zu schaffen, auf der die Bundesregierung und damit Österreich vom digitalen Wandel nicht weiter überrollt wird, sondern diesen sinnvoll mitgestalten kann.

So braucht es etwa eine detaillierte Diskussion der Chancen für die gesellschaftliche Weiterentwicklung. Wie kann der digitale Wandel genutzt werden, um soziale und gesellschaftliche Bruchlinien zu vermindern? Wie können digitale Technologien herangezogen werden, um die Inklusion aller Gesellschaftsschichten zu fördern? Wie können demokratische Beteiligungsmöglichkeiten – nicht E-Voting – sinnvoll ausgebaut werden? Wie können die durch den digitalen Wandel verursachten Effektivitätssteigerungen der gesamten Gesellschaft zugutekommen? Wenn der Staat – wie zuletzt zunehmend – dazu beiträgt, die Grundrechte (festgelegt in der Erklärung der Menschenrechte von 1948 und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union von 2009) auszuhöhlen, ist das eine Fehlentwicklung, die korrigiert werden muss.

"Der Breitbandausbau"?

Weiters braucht es eine zeitgemäße Bandbreitendefinition – etwa "Breitband" als Begriff nur noch für symmetrische Anbindungen ab 100 MBit/s auf Basis von Glasfaser (FTTH/FTTP). Kupferbasierte Krückentechnologien müssen umgehend abgelöst werden, Mobilfunk (3G, 4G, 5G) kann maximal eine Ergänzung sein. Staatliche Mittel für "den Breitbandausbau" darf es ausschließlich für Investitionen in Glasfasernetzwerke geben – nicht für andere Zwecke wie Start-up-Förderung und sonstige Vernichtung von Kapital. (Chaos Computer Club Wien, 20.1.2017)