Princeton/Wien – Das Volk der Himba in Namibia sieht in ihnen die Fußabdrücke der Götter. Für Wissenschafter dagegen ist die Antwort auf die Frage, wie die seltsamen kreisrunden Kahlstellen in der Namibwüste entstehen, keineswegs so simpel. Genau genommen widersetzten sich die sogenannten Feenkreise trotz einiger mehr oder weniger glaubhafter Theorien bisher beharrlich einer letztgültigen Erklärung, obwohl sich Forscher bereits seit Jahrzehnten abmühen, dieses Rätsel zu knacken.

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Hunderttausende der wie von Menschenhand geschaffenen Strukturen erstrecken sich im trockenen Grasland des südwestlichen Afrika. Meist sind die zwischen zwei und 35 Meter durchmessenden Kreise aus nackter, von hohem Gras begrenzter Erde erstaunlich regelmäßig angeordnet. Luftaufnahmen konnten zeigen, dass in den meisten Fällen jede der Flecken etwa in gleichem Abstand von sechs weiteren Kreisen umgeben ist.

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Das mysteriöse Phänomen verleitet zur Annahme, dass hinter den symmetrischen Formen womöglich ein zielgerichtetes, zumindest aber koordiniertes Handeln steckt. In diese Richtung stößt auch eine der beiden konkurrierenden Hypothesen, die sich in den vergangenen Jahren als Erklärung für die Herkunft der Feenkreise herauskristallisiert haben: Der Botaniker Norbert Jürgens und sein Team von der Universität Hamburg kamen vor vier Jahren nach langjährigen Untersuchungen zu dem Schluss, dass Graswurzeln fressende Sandtermiten der Gattung Psammotermes für die Kreise verantwortlich sind.

Die These klingt nicht unplausibel, denn nach Jürgens' Beobachtung beherbergen rund 80 Prozent aller analysierten Feenkreise im Untergrund Nester dieser Termitenart. Doch weder die kreisrunde Form, noch die regelmäßige Verteilung der Feenkreise lässt sich damit überzeugend erklären.

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Daher versuchten Forscher um Stephan Getzin vom Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) die Kreise im Vorjahr als Folge eines Konkurrenzkampfes unter Pflanzen zu deuten. Das Ringen der Gräser um Nährstoffe und Wasser in einer regenarmen Umgebung sei demnach Schuld an den mysteriösen Kahlstellen und habe im Verlauf eines Selbstorganisationsprozesses zu den Feenkreisen geführt, vermuteten die Wissenschafter.

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Zu einer versöhnlichen Lösung dieser Kontroverse könnte jetzt ein Team von der Princeton University in New Jersey gefunden haben. Ursprünglich wollten die theoretischen Biologen um Corina Tarnita herausfinden, wie regelmäßige Muster in der Natur generell zustande kommen. Grundlage ihrer Untersuchungen bilden mathematische Modelle, die sie nun exemplarisch an den Feenkreisen Namibias testeten.

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Die Forscher integrierten dabei die beiden vorherrschenden Hypothesen in ihre Modellsimulation, die sie mit auf vier Kontinenten gesammelten Felddaten untermauerten. Das im Fachjournal "Nature" präsentierte Ergebnis: Nicht eine der beiden theoretischen Ursachen allein erzeugt die Feenkreise, sondern nur ein gemeinsames Zusammenspiel aus beiden dürfte letztlich für ihre Entstehung verantwortlich sein. Tarnita und ihre Kollegen schließen daraus, dass derartigen Vegetationsphänomenen mit simplen Erklärungen nicht beizukommen ist. Offensichtlich sei stets eine Kombination aus mehreren Mechanismen des Rätsels Lösung. (Thomas Bergmayr, 19.1.2017)

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