Noch-Sozialstadträtin Sonja Wehsely baut sich eine neue Zukunft ohne Bürgermeister Michael Häupl.

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Wien – Vieles ist unklar, eines ist fix: Für Gesundheits- und Sozialstadträtin Sonja Wehsely wird bei der am Freitag beginnenden Vorstandstagung der SPÖ Wien eine Nachfolge bestimmt werden. Wehsely hatte vergangene Woche angekündigt, nach monatelanger interner Kritik aus – wie sie sagt – persönlichen Gründen ihrem Ressort den Rücken zu kehren. Sie wechselt in die Privatwirtschaft. Am 26. Jänner wird sie das letzte Mal im Gemeinderat erscheinen.

Wehsely wird mit 1. April in das globale Serviceteam von Siemens Healthineers wechseln. In Deutschland übernimmt sie eine Führungsstelle bei der Siemens Healthcare GmbH, wo sie neue Services-Wachstumsfelder identifizieren und sie zur Marktreife bringen soll.

Die Wiener Neos haben anlässlich des Transfers Wehselys eine Anfrage an ihr Büro gestellt, welche Aufträge Siemens in den vergangenen Monaten von der Stadt sowie dem Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) erhalten hat. Wehsely hatte bei ihrem Rücktritt gesagt, die Verhandlungen mit Siemens hätten "mehrere Monate" gedauert. Der Vertrag sei, so Wehsely, einen Tag vor ihrer Bekanntgabe am 12. Jänner unterzeichnet worden.

Einflussnahme befürchtet

Die Neos fürchten deshalb Einflussnahme bei der Auftragsvergabe. Sie verlangen "volle Transparenz" zum Bewerbungsverfahren und über während dieser Zeit getätigte Verkaufsverhandlungen mit Siemens.

"Der Siemens-Konzern ist ein bedeutender Auftragnehmer des Wiener Krankenanstaltenverbunds und liefert neben medizinischen Geräten auch medizinische EDV-Software an zahlreiche Spitäler", heißt es in der Anfrage, die dem STANDARD vorliegt. Das sei "problematisch", weil die Zuständigkeit für den KAV zu den Agenden Wehselys gehöre. Es wäre der Stadträtin also "theoretisch möglich gewesen, während der laufenden Vertragsverhandlungen Einfluss auf bestehende oder noch abzuschließende Aufträge ihres zukünftigen Arbeitgebers zu nehmen", schreiben die Neos.

Im Büro der scheidenden Stadträtin will man auf Anfrage keine Stellungnahme zu den Anschuldigungen der Pinken abgeben und verweist auf den KAV.

Dort wiederum beruft man sich auf Betriebsinterna. Die Bekanntgabe des Auftragsvolumens einzelner Auftragnehmer mit zuordenbaren Firmennamen sei nur autorisierten Kontrollorganen der Stadt Wien zugänglich.

Die FPÖ Wien kündigte bereits am Montag im Gespräch mit dem STANDARD an, ein Prüfersuchen beim Stadtrechnungshof einzubringen, um die "Verzweigungen" zwischen KAV und Siemens zu beleuchten, wie Klubchef Dominik Nepp sagte.

Nachfolgespekulationen

Wer Wehsely nachfolgt, wird am Freitagabend von Michael Häupl verkündet. Vorab gebe es "definitiv kein Statement", heißt es aus dem Büro des Bürgermeisters.

Genannt werden in der SPÖ viele: Ingrid Reischl, Obfrau der Wiener Gebietskrankenkasse und Gewerkschafterin zum Beispiel. Sie hätte den Vorteil, sich in die Gesundheitsmaterie nicht einarbeiten zu müssen. Aber auch darüber, dass Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger in das Gesundheitsressort wechselt, wird spekuliert. Dass der Chef des Fonds Soziales Wien, Peter Hacker, den Posten übernimmt, halten mittlerweile viele für "unwahrscheinlich", was mitunter an Hackers öffentlichen Absagen liegen könnte.

Dass Finanzstadträtin Renate Brauner gehen muss, will man in ihrem Büro nicht bestätigen. Sie arbeite "fokussiert" an der Vorbereitung ihrer Themen für die Vorstandstagung, es gebe "keine Anzeichen für Amtsmüdigkeit".

Dass Brauner, als Frauenvorsitzende der Wiener SPÖ, dabei zusehe, wie "lauter Frauen in der Stadt abgebaut werden", und dazu selbst geht, können sich SPÖ-Kenner auch nicht vorstellen. Im Rathaus wird spekuliert, ob jetzt überhaupt "der große Wurf" komme oder "das Spiel in die nächste Runde geht" und Häupl vorerst nur Wehsely nachbesetzt. (Oona Kroisleitner, 19.1.2017)