Bei den Selbstständigen fällt beim Arztbesuch ein Selbstbehalt von 20 Prozent an, der auf zehn Prozent sinken kann, wenn sich die Versicherten an Vorsorgeuntersuchungen beteiligen.

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Bei den Gebietskrankenkassen gibt es zwar nicht generell Selbstbehalte, bei einzelnen Leistungen wie dem Kauf einer Brille müssen die Patienten aber sehr wohl einen Eigenbeitrag leisten.

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Wien – Das Thema Selbstbehalte ist seit Jahren ein ideologisches Streitthema. Die SPÖ hatte, wie berichtet, diese Woche einen neuen Anlauf gestartet, um den Eigenbeitrag der Selbstständigen in Höhe von 20 Prozent der Gesundheitskosten abzuschaffen, was von der ÖVP aber prompt abgelehnt wurde. Nun schaltet sich auch die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) in die Diskussion ein.

Deren geschäftsführender Obmann Alexander Herzog hält zwar das aktuelle SVA-Modell für sinnvoll, plädiert im Gespräch mit dem STANDARD aber für eine generelle Neuordnung aller bestehenden Selbstbehalte. Am Ende solle ein einheitliches System für alle Krankenkassen stehen, meint er. Darüber will er mit den anderen Versicherungsanstalten verhandeln.

Die unterschiedlichsten Systeme

Derzeit gibt es verschiedene Regelungen. Die Beamten zahlen zehn Prozent Selbstbehalt. Bei den Selbstständigen sind es 20 Prozent, die aber auf zehn Prozent sinken, wenn Gesundheitsziele erreicht werden. Keinen Selbstbehalt gibt es bei der SVA für Kinder, chronisch Kranke und Selbstständige mit geringem Einkommen.

Die Krankenkasse der Bauern hebt einen Behandlungsbeitrag von 9,61 Euro pro Quartal ein. Bei den Gebietskrankenkassen gibt es ebenfalls keinen fixen prozentuellen Satz. Allerdings werden auch dort die Patienten zur Kasse gebeten. Eine Form von Selbstbehalt ist die Rezeptgebühr, die aktuell bei 5,85 Euro liegt. Einen Teil der Kosten müssen die Versicherten zudem für Spitalsaufenthalte (bis zum 27. Tag) übernehmen. Je nach Bundesland übernimmt die Krankenkasse 40 bis 50 Prozent.

Teure Zähne

Bei Brillen wiederum müssen erwachsene Versicherte der Gebietskrankenkassen mindestens 99,60 Euro selber zahlen, bei orthopädischen Schuhen sind es 72,67 Euro. Zahnspangen sind zwar mittlerweile gratis, aber nur wenn der Arzt sie aus medizinischer Sicht für notwendig hält. Für Zahnkronen, die im Schnitt 2000 Euro kosten, müssen GKK-Versicherte fast immer zahlen. Nach Einkommen gestaffelte Zuzahlungen gibt es bei Kuren.

Das alles sei nicht sehr transparent, sagt Herzog. Sollte eine Vereinheitlichung gelingen, werde die SVA auch nicht auf ihrem Modell beharren. Wichtig sei aber, dass die Prävention eine wichtige Rolle spiele. Bei der SVA haben bereits 100.000 Versicherte Gesundheitsziele mit der Kasse vereinbart, um in den Genuss des zehnprozentigen Selbstbehalts zu kommen.

"Massiver Eingriff"

Kategorisch abgelehnt wird von ihm aber, dass die Selbstbehaltsfrage von der Regierung geregelt wird. "Das wäre ein massiver Eingriff in die Selbstverwaltung, den ich vom Ansatz her schon ablehne." Zur Erklärung: Gesetzlich geregelt ist derzeit nur, dass die Kassen Selbstbehalte zwischen null und 30 Prozent festlegen können. Die konkrete Höhe liegt aber in der Autonomie der jeweiligen Kasse.

Für problematisch hält es Herzog auch, dass SPÖ-Chef Christian Kern die Abschaffung der Selbstständigenselbstbehalte über die Auflösung von Rücklagen finanzieren will. Aktuell liegt der liquide Anteil bei rund 200 Millionen Euro. "Das ist unsere eiserne Reserve." Die Auflösung wäre für ihn "betriebswirtschaftlicher Nonsens", weil man sie für Notfälle wie eine Grippewelle oder eine Pandemie brauche. Würde man die Selbstbehalte von heute auf morgen abschaffen, würde das die SVA mehr als 60 Millionen Euro pro Jahr kosten, rechnet er vor. Innerhalb weniger Jahre wären also die Reserven aufgebraucht. (Günther Oswald, 19.1.2017)