Wenn der Boulevard deftig titelt, dann kräftig. "Der schwarze Kaiser tritt ab", stand am Mittwoch auf "Österreich". Und auch die "Kronen Zeitung" hievte das Wort "Kaiser" auf die erste Seite. Selbst im Wissen um die inflationäre Verwendung (siehe Kaisersemmel) sollte den Zeitungsmachern ein Funke Geschichtsverständnis geblieben sein. Niederösterreich hat nie einen Kaiser gehabt.

Ungefähr richtig, wenn auch im Gefühl des Fortlebens der Monarchie, titelten "Falter" und STANDARD mit der Bezeichnung "Fürst". Politiker, die in den Bundesländern für sich nahezu die ganze Macht erobert haben, werden "Landesfürsten" genannt – manchmal im patriarchalischen Sinn auch "Landesväter". Seltener "Herzöge", was für Niederösterreich historisch passen würde.

All diese Bezeichnungen sind ein österreichisches Spezifikum, weil die Schmuckstücke der Monarchie nicht nur einen hohen Sammlerwert haben, sondern gleichzeitig hohes Ansehen genießen. In Deutschland (oder gar der Schweiz) käme es niemandem in den Sinn, die feudale und absolutistische Vergangenheit medial fortzuschreiben. Dort hat der Bürgersinn Vorrang.

Interessant wird es, wenn Michael Häupl die Bühne verlässt. "Kaiser" wäre für einen Sozialdemokraten wie die Faust aufs Auge. Wien ist zwar auch Bundesland, aber der "Bürgermeister" schlägt den "Landesvater". Irgendwas Abstruses wird den Massenblättern schon einfallen. Historische Korrektheit gehört dort nicht zu den Bürgerpflichten. (Gerfried Sperl, 18.1.2017)