So sieht also der versprochene neue Regierungsstil im Jahr 2017 aus: Statt gemeinsame Lösungen auszuarbeiten und dann der Öffentlichkeit zu präsentieren, legt der Kanzler dem ÖVP-Chef einen fixfertigen Ministerratsvortrag zur Abschaffung der Selbstbehalte bei den Selbstständigen vor. Wozu erst vor wenigen Wochen für teures Geld (Kostenrahmen 630.000 Euro) eine Studie bei der London School of Economics in Auftrag gegeben wurde, die genau diese Frage untersuchen soll, weiß wohl nur die SPÖ. Frei nach dem Motto: Ich brauche keine Experten, ich habe mir meine Meinung schon gebildet.
Die SPÖ weiß natürlich auch, dass es sich bei diesem Thema um ein No-Go für die ÖVP handelt. Aber um die Sache geht es ja nicht. Sinn der Übung ist es, den anderen vorzuführen. Sich für die Bösartigkeiten des Koalitionspartners zu revanchieren. An denen hat sich nämlich auch nichts geändert. Es geht nur darum, die SPÖ beim Asylthema vor sich herzutreiben. Um die Grundsatzrede von Christian Kern zu konterkarieren, wurde vergangene Woche noch schnell die Halbierung der Asylobergrenze erfunden. Wie das Umsetzungskonzept dazu aussieht? Schau ma mal, dann seh ma schon. Jetzt denkt der Innenminister an Containerdörfer an den Flughäfen. Irgendwo müssen die Flüchtlinge ja hin, wenn die Obergrenze nur auf dem Papier besteht und nicht exekutiert werden kann. Wie das funktionieren soll? Schau ma mal, dann seh ma schon.
Dabei hatte ÖVP-Generalsekretär Werner Amon zuletzt eine einleuchtende Analyse abgeliefert. "Über Sicherheit spricht man nicht, man sorgt dafür." Wie die Amon'sche Strategie mit der Sobotka'schen Strategie zusammengehen soll, bleibt ein Rätsel. Vorerst bleiben also Zweifel, ob sich der Koalitionsstil wirklich ändern wird. Das 2017er-Motto scheint jedenfalls das gleiche wie das 2016er zu sein: Wir wünschten, wir könnten, aber wir wollen nicht. (Günther Oswald, 17.1.2017)