Wen Michael Häupl aus der Regierung winkt, ist offen. Michael Ludwig (Mi.) darf wohl bleiben, Sandra Frauenberger (li.) und Renate Brauner (re.) gelten als Ablösekandidatinnen und müssen sich selbst die Daumen drücken.

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Wien – Der Rückzug von Sozialstadträtin Sonja Wehsely aus der Stadtregierung läutete vergangene Woche die große Personalrochade in der Wiener SPÖ ein. Zwar zog sich Wehsely laut eigenen Angaben "ausschließlich aus persönlichen Beweggründen" aus der Politik zurück, sie wurde jedoch seit Wochen als mögliche Ablösekandidatin im Team von Bürgermeister Michael Häupl gehandelt.

Neben Wehsely trifft dies auch auf Finanzstadträtin Renate Brauner, deren Auszug aus der Regierung in vielen Medien als "fix" gehandelt wird, und Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger zu. Wer den drei Frauen folgen soll, lässt Häupl auch nach dem ersten Ausscheiden offen. Spekuliert wird, dass Wohnbaustadtrat Michael Ludwig in Brauners Ressort wechseln soll. Auch Andreas Schieder, Chef des SPÖ-Klubs im Parlament, könnte diesen Posten – jetzt, da Lebensgefährtin Wehsely nicht mehr in der Stadtregierung ist – annehmen. Für Wehsely gilt hingegen Peter Hacker, Chef des Fonds Soziales Wien, als möglicher Nachfolger. Ihm könnte jedoch die nötige politische Lobby fehlen. Frauenberger könnte von Stadtschulratspräsident Jürgen Czernohorszky abgelöst werden.

"Verstörende" Vorstellung

Drei neue Männer, die für den Job dreier Frauen gehandelt werden: Das ist für Nurten Yilmaz, Nationalratsabgeordnete und Vorsitzende der SPÖ Frauen in Ottakring, "sehr verstörend". In ihrer Partei ginge das bestimmt nicht. "Wir werden keine Zustände wie in Oberösterreich haben", sagt Yilmaz zum STANDARD. "Wir werden Wiens Geschichte sicher nicht um 40 Jahre zurückdrehen." Dass nur Frauen aus der Regierung "aussortiert" werden, sei undenkbar.

Dem schließt sich auch die Vorsitzende der SPÖ Frauen in Wien-Alsergrund und Bezirksvorsitzende Martina Malyar an: "Ich gehe davon aus, dass, wenn eine Frau ausscheidet, auch eine Frau nachkommt." Denn im Regierungsteam müsse das Geschlechterverhältnis ausgeglichen bleiben, so Malyar: "Über eine 50/50-Besetzung der Landesregierung will ich im Jahr 2017 nicht mehr diskutieren."

Aber auch schon bevor Häupl Anfang des Jahres eine Änderung in der Besetzung der Stadt angekündigt hatte, standen Wehsely, Brauner und Frauenberger innerhalb der eigenen Partei unter Beschuss. Kritik an ihnen kam von den Vertretern der Flächenbezirke, allesamt Männer. "Ich kann in keine Glaskugel schauen. Aber oft fühlen sich Männer durch geballte Weiblichkeit angegriffen", sagt Patricia Anderle, die Frauenvorsitzende von Wien-Landstraße. Die Kritik der vergangenen Monate habe nicht auf Kompetenzen gefußt, sagt auch Katharina Schinner, die ehemalige Vizeparteisekretärin, die die SPÖ Frauen in Währing repräsentiert, sondern auf "Machtspielen, die befremdlich" seien. Die angegriffenen Frauen seien in der Debatte nur Platzhalter gewesen, kritisiert auch Malyar. Da sich manche nicht trauen würden, Häupl selbst anzugreifen, mussten sie herhalten.

"Ältere Herren"

Für Yilmaz zeigt die Debatte in der SPÖ, dass die amerikanischen Verhältnisse überschwappen. Als Frau in der Politik müsse man "immer aufpassen". Die aktuellen Angriffe hätten gezeigt, dass die Frauenpolitik nicht abzuhaken ist. Allerdings seien die Kritiker "ältere Herren, die an einer Hand abzählbar" seien.

Die Zukunft sei weiblich, sagt Anderle. "Wir sind die Hälfte der Wähler, wir wollen auch die Hälfte der Welt." Für Malyar sind Politikerinnen meist "aufgeschlossener" und fortschrittlicher. "Männer sind oft konservativer." (Oona Kroisleitner, 17.1.2017)