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"Wir Europäer haben unser Schicksal selbst in der Hand", sagte Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel zu den jüngsten Aussagen des designierten US-Präsidenten Donald Trump.

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Der Sternenkranz der EU-Flagge löst bei Donald Trump keine positiven Gefühle aus. Bei seiner Angelobung wird ein ähnliches Symbol dennoch zu sehen sein: auf der "Betsy Ross"-Flagge, der ersten Flagge der USA. Statt zwölf Sternen wie bei der EU besteht sie aus 13 Sternen, die für die US-Gründungskolonien stehen.

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Washington – Immerhin: Nach seinem Wahlsieg habe ihn "ein sehr angenehmer Herr" angerufen, um ihm zu gratulieren, sagte Donald Trump über seine Beziehung zur EU. Den Namen des erwähnten Mannes hat er sich allerdings nicht genau gemerkt. Denn während in einem Interview, das die deutsche "Bild" und die Londoner "Times" mit ihm geführt haben, noch von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die Rede ist, dementierte dieser am Montag, der "angenehme Herr" zu sein. Stattdessen habe Ratspräsident Donald Tusk angerufen.

Wichtig dürfte Trump die Verwechslung nicht nehmen. Denn zum einen ist nach seinen Worten in der EU nur Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel eine wichtige Ansprechpartnerin, zum anderen werde sich die Union ohnehin bald weiter auflösen. Der Brexit, der nach Meinung Trumps "großartig läuft", sei nur der Anfang. Weitere Staaten würden den Briten schon bald folgen.

Den Grund dafür sieht der Immobilienmilliardär nicht zuletzt in der Politik Merkels. Diese bewundere er zwar sehr, allerdings habe sie einen "schweren Fehler" mit ihrer Flüchtlingspolitik gemacht, was zur Entfremdung der Europäer von der EU beigetragen habe. Er selbst hingegen habe die US-Wahl nicht zuletzt "mit dem Versprechen sicherer Grenzen gewonnen". Daher werde er auch schon am Montag nach seiner Angelobung eine Verordnung unterschreiben, wonach Einreisende in die USA aus einigen Staaten einer "extremen Überprüfung" zu unterziehen seien. Davon könnten auch Bürger europäischer Länder betroffen sein, sagte er vage auf Nachfrage, ohne weitere Details zu seinem Vorhaben zu nennen.

Die EU, Konkurrenz der USA

Insgesamt, so Trump, sei ihm "ziemlich egal", ob Europa weiter vereint oder künftig getrennt sei. In Sachen Handel sei eine gemeinsame EU Konkurrentin der USA. Das müssten auch europäische Autohersteller wissen. Wenn BMW, Opel und VW in den USA Autos verkaufen wollten, müssten sie diese im Land herstellen oder sich auf Abgaben von 35 Prozent gefasst machen.

Für Unklarheit sorgten auch Trumps Aussagen zur Nato. Zu seiner Wahlkampfbotschaft, wonach das Nordatlantikbündnis "obsolet" sei, stehe er immer noch, so Trump. Die Organisation habe zu wenig gegen den Terrorismus getan, zudem würden "nur fünf von 22" Mitgliedsstaaten ausreichend in Verteidigung investieren (die Nato hat 28 Mitglieder, Anm.).

Die Sorgen, die sich Mitgliedsstaaten im Osten Europas bezüglich Russlands machten, verstehe er aber. "Na klar, ich weiß das." Europa werde sich weiterhin auf die USA verlassen können. "Ich fühle mich Europa sehr verbunden – sehr stark verbunden." Kritik übte Trump an Russlands Eingreifen in Syrien. Dies sei "eine üble Sache" gewesen, nun sei es aber wohl zu spät, etwas dagegen zu tun. Dennoch werde er bei Amtsantritt zunächst Merkel ebenso wie Russlands Präsident Wladimir Putin vertrauen. "Schauen wir einmal, wie lang das anhält. Vielleicht nicht lange."

"Verwunderung und Aufregung" bei der Nato

In Berlin kommentierte man die Äußerungen zurückhaltend. Merkel wollte nichts Genaues zum Interview sagen, sie warte auf Trumps Angelobung. Zur EU sagte sie, "wir Europäer haben unser Schicksal selbst in der Hand".

Ihr Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte zuvor erklärt, bei der Nato seien die Äußerungen "mit Verwunderung und Aufregung" aufgenommen worden. Davon war später bei Generalsekretär Jens Stoltenberg nur wenig zu spüren. Er sei "absolut zuversichtlich", dass die US-Regierung auch künftig zu ihren Verpflichtungen stehen werde. Aus dem Kreml hieß es, dass die Nato "obsolet" sei, finde man selbst auch seit langem. Trumps Angebot, im Gegenzug zu einem Ende der Sanktionen Atomwaffen abzubauen, müsse man aber noch prüfen. Außenminister Sebastian Kurz sagte, man solle den Start der neuen US-Regierung abwarten.

Auf diesen sind sicher auch jene 20 Millionen Amerikaner gespannt, die via "Obamacare" krankenversichert sind. Republikanische Abgeordnete haben Schritte zur Abschaffung des Systems eingeleitet. Der "Washington Post" sagte Trump in einem Interview, er wolle eine "Versicherung für alle". Diese soll auf Preissenkungen fußen, die er Versicherungs- und Pharmafirmen via öffentlichen Druck abtrotzen will. (mesc, red, 16.1.2017)