Der Riesenhai C. megalodon bevölkerte über Millionen von Jahren die Meere. Heute zeugen vor allem Zahnfunde von seiner Ära.

Foto: Alberto Gennari

Pisa/Wien – Carcharocles megalodon war vermutlich der größte Hai, den die Meere je gesehen haben. Der griechische Name Megalodon lässt sich mit Riesenzahn übersetzen, und das kommt nicht von ungefähr: Fossile Zähne des gigantischen Räubers bringen es auf eine Länge von 18 Zentimetern und dürften ein drei Meter breites und zweieinhalb Meter hohes Gebiss geziert haben. C. megalodon hat mit einer Beißkraft von bis zu 180 Kilonewton zugeschnappt, wie Simulationen ergaben.

Auch sonst erreichte die Art aus der Familie der Makrelenhaie respektable Ausmaße: Mit bis zu 18 Metern wurde sie etwa dreimal so lang wie ein ausgewachsener Weißer Hai und stand zu ihren Lebzeiten vor 23 Millionen bis 2,6 Millionen Jahren zweifellos an der Spitze der marinen Nahrungskette. Warum der Hai, der einst weit verbreitet gewesen sein dürfte, schließlich an der Pliozän-Pleistozän-Grenze vollständig verschwand, ist seit vielen Jahren Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen.

Einen wichtigen Faktor sehen viele Paläontologen im Klimawandel, den dieser Abschnitt in der Erdgeschichte mit sich brachte. Ein internationales Forscherteam um Alberto Collareta (Uni Pisa) bestätigt diese Vermutung nun im Fachblatt "Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology" indirekt: Demnach könnte dem riesigen Spitzenjäger seine Spezialisierung auf kleine Meeressäuger (insbesondere Wale) zum Verhängnis geworden sein, die den Veränderungen der Meerestemperaturen nicht gewachsen waren.

Wandernde Wale

Megalodon jagte demnach zumindest vor der Küste des heutigen Perus zwergenhafte Bartenwale. Darauf deuten Fossilien der ausgestorbenen, etwa fünf Meter langen Spezies Piscobalaena nana hin, an denen Collareta und Kollegen erstmals Bissspuren des Riesenhais nachweisen konnten. Dass Bartenwale auf Megalodons Speiseplan standen, wurde aber schon zuvor angenommen.

Denn mit über 20 bekannten Gattungen hatte sich unter diesen Walen zu Lebzeiten des Riesenhais eine enorme Vielfalt entwickelt. Doch etliche Arten, insbesondere kleinere, fielen den klimatischen Veränderungen unmittelbar zum Opfer. Das Habitat küstennah lebender Tiere veränderte sich durch die Abkühlung dramatisch: Die zunehmende Eisbildung um die Pole ließ den Meeresspiegel und die Wassertemperaturen sinken, aus ganzjährigen üppigen Nahrungsquellen wurden bestenfalls saisonale Futterplätze. Diese neuen Bedingungen begünstigten größere, schnellere Wale, die lange Reisen in andere Gefilde auf sich nehmen konnten. Kleinere Spezies, die dafür nicht gewappnet waren, hatten hingegen das Nachsehen.

Ungewohnte Konkurrenz

"Das Verschwinden des Riesenhais könnte durch den Niedergang kleiner bis mittelgroßer Bartenwale zugunsten moderner, großer Wale ausgelöst worden sein", so Collareta. Und selbst wenn Megalodon auch große Wale jagte, wie es vereinzelt moderne Weiße Haie tun, in noch kühlere Gewässer konnte er ihnen nicht folgen.

Und noch ein Faktor dürfte zum Aussterben des größten Hais beigetragen haben: Konkurrenz. Denn nach und nach tauchten neue, besser angepasste Räuber in den Meeren auf, etwa die Vorfahren der heutigen Schwertwale und des großen Weißen Hais. (David Rennert, 16.1.2017)