London – Das britische Pfund ist wegen der Sorge vor den Folgen eines harten Brexit-Kurses der Regierung in London abermals massiv unter Druck geraten. In der Nacht zum Montag sackte der Kurs der britischen Währung erstmals seit Oktober wieder unter die Marke von 1,20 US-Dollar. Zuletzt lag der Kurs am Montagmittag bei 1,2059 Dollar.

Seit dem Brexit-Votum vom vergangenen Juni hat die britische Währung etwa 20 Prozent an Wert eingebüßt.

"Nachdem es etliche Wochen so aussah, als könne das Pfund der Brexit-Diskussion gut widerstehen, gab es wieder einmal einen kräftigen Schlag für die britische Währung", schrieben Experten des Bankhauses Metzler. An den Finanzmärkten verstärkten sich die Sorgen vor den wirtschaftlichen Folgen des EU-Austritts für Großbritannien. Dies drückt auf den Wert der Währung.

Als Auslöser für die Pfund-Schwäche gelten Berichte vom Wochenende, die auf einen harten Brexit hindeuten. Angeblich soll die britische Regierung etwa einen Austritt aus der EU-Zollunion anstreben, um bilaterale Handelsverträge schließen zu können, hieß es. Inzwischen hat eine Sprecherin von Premierministerin Theresa May die Berichte als Spekulation zurückgewiesen. Dennoch bleibt der Markt alarmiert.

Rede am Dienstag

Am Dienstag hält May eine mit Spannung erwartete Grundsatzrede zum geplanten EU-Austritt. An den Finanzmärkten gehen Anleger davon aus, dass May dann die offizielle Haltung der Regierung zu den Brexit-Verhandlungen darlegen wird.

Außerdem werden jüngste Aussagen des britischen Finanzministers Philip Hammond als Hinweis auf einen harten Brexit gedeutet. Hammond hatte in einem Interview Steuersenkungen angedeutet, um die britische Wirtschaft im Vergleich zur EU wettbewerbsfähiger zu machen. "Offener hat wohl noch nie ein britischer Politiker der EU mit einem Handelskrieg gedroht", sagte Commerzbank-Analyst Lutz Karpowitz.

Anfang Oktober 2016 war das britische Pfund unter anderem wegen übertriebener Marktbewegungen bis auf 1,1841 Dollar gefallen und damit auf den tiefsten Stand seit den 1980er-Jahren. Damals war das Pfund binnen weniger Minuten um mehr als sechs Prozent abgestürzt. Dieser "Flash-Crash" war durch automatisierte Handelsprogramme bei einem vergleichsweise geringen Handelsvolumen ausgelöst worden. Sieht man von diesem kurzzeitigen Absturz ab, ist das Pfund zum Wochenbeginn so schwach wie seit über 30 Jahren nicht mehr.

Das vergleichsweise schwache Pfund hat derzeit allerdings noch positive Effekte für die britische Wirtschaft. Der Währungskurs begünstigt den Export britischer Waren und sorgte so für robuste Konjunkturdaten. Allerdings verteuert das schwache Pfund die Einfuhren und kann so die Inflation verstärken. (APA, 16.1.2016)