Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault eröffnete am Sonntag die Pariser Nahost-Friedenskonferenz. Die Erwartungen waren gering, Israelis und Palästinenser saßen nicht mit am Tisch.

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Während die Welt auf den blutigen Krieg in Syrien und im Irak blickt, erinnert Frankreich daran, dass auch der Nahostkonflikt ungelöst sei – und ebenfalls das Potenzial zur "Gewaltexplosion" habe. Der Status quo sei gefährlich, meinte ein Pariser Diplomat am Rande der Nahostkonferenz in der französischen Hauptstadt. Deshalb sei es "wichtiger denn je, an die Grundlage für jede Verhandlungslösung zu erinnern".

Diese Grundlage ist für die internationale Gemeinschaft die Zweistaatenlösung. In der Schlusserklärung der Konferenz heißt es: "Eine ausgehandelte Lösung mit den zwei Staaten Israel und Palästina, die in Frieden und Sicherheit nebeneinander leben, ist der einzige Weg, um zu einem dauerhaften Frieden zu gelangen."

Diese Botschaft versuchten am Sonntag rund 70 Teilnehmerstaaten und internationale Organisationen zu vermitteln. Insofern war die Konferenz ein gewisser Erfolg: Zu dem Vorgängertreffen, das der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault im vergangenen Sommer in Paris organisiert hatte, waren nur 30 Delegationen gekommen. Der neue Uno-Generalsekretär Antonio Guterres war am Sonntag genauso zugegen wie die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, und auch der scheidende US-Außenminister John Kerry ließ sich kurz blicken.

Ein Misserfolg war das Treffen hingegen, weil die zwei Hauptakteure fehlten. Israels Premier Benjamin Netanjahu, der auf bilaterale Verhandlungen setzt, bezeichnete die Konferenz als "nutzlos", ja kontraproduktiv, da sie nur dazu führe, dass die Palästinenser ihre Positionen verhärteten.

Am Abend distanzierte sich das britische Außenministerium von der Konferenz, weil diese "den Frieden zwischen zwei Parteien voranbringen soll und ohne diese beiden stattfindet" sowie "gegen den Willen Israels" abgehalten worden sei. London hatte bereits im Vorfeld Kritik geäußert und war deshalb nur als Beobachter bei der Konferenz vertreten.

"Antiisraelische Beschlüsse"

Bereits im Vorfeld hatte Netanjahu erklärt, es handle sich um "eine palästinensische Manipulation unter französischer Schirmherrschaft, deren Ziel es ist, weitere antiisraelische Beschlüsse zu fassen". Fünf Tage bevor der neue US-Präsident Donald Trump sein Amt antritt, tat Netanjahu das Pariser Treffen daher als "letzte Zuckung der Welt von gestern" ab. "Das Morgen wird anders aussehen, und es ist sehr nahe", prophezeite der israelische Regierungschef.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas begrüßte hingegen die französische Initiative und forderte am Sonntag sogar eine "internationale Koalition" zur Umsetzung der Konferenzbeschlüsse. Er wäre gerne nach Paris gekommen, wenn nötig auch erst im Anschluss an das Treffen.

Netanjahu verweigerte sich aber auch diesem Ansinnen der französischen Gastgeber. Um den Eindruck der Einseitigkeit zu vermeiden, annullierte Präsident François Hollande darauf ein geplantes Dinner mit Abbas am Sonntagabend; der Palästinenserchef wurde mit dem Versprechen auf eine Einladung in ein paar Wochen abgespeist.

An Netanjahus Adresse meinte Hollande, die Zweitstaatenlösung beruhe keineswegs auf einem "System von gestern", sondern bleibe das Ziel der gesamten internationalen Gemeinschaft. In seiner Eröffnungsrede bestritt er zudem, dass die Pariser Konferenzen die Bedingungen für einen Nahostfrieden "diktieren" wollten, wie das der israelische Ministerpräsident schon im vergangenen Sommer behauptet hatte. "Nur direkte Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern können zum Frieden führen", räumte Hollande ein.

Warnung vor Eskalation

Vor Beginn der Konferenz warnte auch der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier vor dem "Risiko neuer Eskalationen" im Nahen Osten. Gemeint war, wie der Minister nicht verhehlte, die Ankündigung Trumps, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Und vielleicht auch die israelische Idee einer teilweisen Annexion des Westjordanlandes. Abbas drohte, er könnte die Anerkennung Israels widerrufen, wenn die Amerikaner ihre Botschaft in Israel verlegten.

Gastgeber Ayrault warnte Trump: "Wenn man Präsident der Vereinigten Staaten ist, kann man in dieser Frage nicht eine derart sture und einseitige Haltung einnehmen. Man muss versuchen, die Bedingungen für einen Frieden zu schaffen." (Stefan Brändle aus Paris, 16.1.2017)