Ironische Monumente: Joep van Lieshout in der Galerie Krinzinger.

Foto: Courtesy Galerie Krinzinger, Tamara Rametsteiner

"Arschbar" oder eben Bar Rectum hieß eine Arbeit von Joep van Lieshout, die 2010 im Museumsquartier zu sehen war: eine riesenhafte Nachbildung von Mastdarm und After, aus der heraus Getränke und Snacks verkauft wurden.

Die jüngsten Arbeiten, die nun in der Galerie Krinzinger zu sehen sind, haben mit van Lieshouts Faible für organische Vorgänge zwar nichts zu tun. Frivoles bringt der niederländische Bildhauer (geb. 1963 in Ravenstein) aber gewissermaßen dennoch ins Spiel. Der Hausfreund heißt nämlich seine Schau – und darunter versteht man schließlich nicht nur den langjährigen Vertrauten eines Hauses. Viel öfter ist damit, wenig verhohlen, der Liebhaber einer Ehefrau gemeint.

Im Rahmen der Präsentation soll der zweideutige Titel aber eigentlich auf noch etwas anderes verweisen, nämlich auf die Multifunktionalität von van Lieshouts Möbelobjekten. Wuchtige Fauteuils mit Holzbeinen, aber auch zierlichere, teils schmiedeeiserne Varianten von Stühlen erinnern an Designklassiker von Le Corbusier, Entwürfe der Wiener Werkstätte oder auch jene des Niederländers Gerrit Rietveld. Allerdings sehen ihre Ausführung und Präsentation im Van-Lieshout’schen Universum freilich etwas anders aus. Seine Möbel bestehen nicht aus exklusiven Materialien, sondern aus Stahl, Holz und Beton. Verschraubt sind sie eher grob.

Aus dem richtigen Licht gerückt

Dass man zudem die Anmutung einer Verkaufsschau vermeiden wollte, dürfte für die – offenbar bewusst – lieblose Antipräsentation verantwortlich sein. Als wäre der Künstler daran interessiert gewesen, die Dinge nicht ins, sondern aus dem richtigen Licht zu rücken, stehen die Objekte einander denkbar ungünstig im Weg. Das Gefühl, die Möbel benutzen zu dürfen, hat man trotzdem nicht – das Flatpack (2016) beispielsweise, ein Fauteuil aus Beton, Holz und Stahl, oder den Kissing Chair (2015), für den man ein Gegenüber bräuchte.

Die Depotatmosphäre verstärkt sich durch ebenfalls gezeigte Lampen- und Tischentwürfe, ein Cruzifix und nicht zuletzt Process, ein unfertig wirkendes Holz objekt, das die Bedeutung des Prozesshaften in van Lieshouts Arbeit fast etwas zu deutlich macht.

In einem zweiten Ausstellungsraum entschied man sich für eine aufgeräumtere Präsentation. Die dort gezeigten Skulpturen sind – wie die Flatpacks – Teil des Projekts "CryptoFuturism". In diesem setzt sich van Lieshout, der für sein Atelier in Rotterdam 2001 einen Freistaat gründete, mit dem italienischen Futurismus aus einander, um aktuellen faschistischen Tendenzen nachzuspüren.

Zu sehen ist unter anderem die Arbeit Le Foot (2015), ein riesiger Fußabguss, mit dem van Lieshout unter anderem auf die monumentalen Herrscherstatuen Mussolinis anspielt. Die ironische Komponente ist hier genauso wenig zu übersehen wie bei jenen ebenfalls großen Skulpturen, die van Lieshout dem Kampf zwischen Mensch und Maschine widmete. Glaubt man Zukunftsforschern, wird eben dieser in den kommenden Jahren noch härter. Hier ist er jedoch rosarot und sieht – trotz der offenbar brutalen Herstellungsweise in einer selbstgebauten Recycling maschine – fast fluffig aus. (Christa Benzer, 14.1.2017)