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Proteste vor der spanischen Botschaft in Lissabon: Das Atomkraftwerk Almaraz wies immer wieder Sicherheitsmängel auf. Die Portugiesen sehen das Risiko durch neue Zwischenlager steigen.

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Portugals Regierung könnte den Nachbarn Spanien vor der EU-Kommission anzeigen, das bekräftigte Umweltminister João Pedro Matos vor einem Treffen mit seiner spanischen Kollegin Isabel García Tejerina am Freitag in Madrid. Der Grund für Matos' Verstimmung: Die spanische Regierung hat grünes Licht für ein Atommüllzwischenlager in Almaraz gegeben. Dort stehen zwei der ältesten spanischen Atomkraftwerke (AKW), und in den vergangenen Jahren haben sie wegen Sicherheitsproblemen immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. Das zusätzliche Zwischenlager erhöht, so glauben die Portugiesen, das Risiko noch.

Almaraz liegt nur 100 Kilometer von der spanisch-portugiesischen Grenze entfernt, direkt am Ufer des Tajo. Der Fluss – der ab der Grenze Tejo heißt – mündet bei Lissabon in den Atlantik. Die Lage von Almaraz hätte, so die europäischen Richtlinien, ein Umweltgutachten unter Einbeziehung der portugiesischen Nachbarn notwenig gemacht. Spaniens Regierung unter dem konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy habe dies einfach ignoriert. Matos hofft, dass die spanische Regierung noch einlenkt und vom Bauprojekt Abstand nimmt.

Europäisches Gesetz

"Die spanische Entscheidung verstößt gegen europäisches Gesetz und das Prinzip der Loyalität unter Nachbarn", beschwerte sich der portugiesische Minister Matos, als der Plan für das Zwischenlager vor einer Woche bekannt wurde. Alle Parteien im portugiesischen Parlament stimmten gemeinsam für eine von den Grünen eingebrachte Resolution, die das spanische Vorgehen verurteilt.

Zeitgleich zum Treffen der beiden Minister in Madrid fand vor den Toren des spanischen Landwirtschafts- und Umweltministeriums eine Kundgebung der spanischen Anti-AKW-Koordination statt. "Das Zwischenlager ist der erste Schritt, um die Laufzeit der beiden AKWs in Almaraz von 40 auf 60 Jahre zu verlängern", klagte Francisco Castejón, Sprecher der Umweltschutzorganisation Ecologistas en Acción. Eine einfache Rechnung bekräftigt seinen Verdacht. Die Becken für ausgediente Brennstäbe auf dem AKW-Gelände reichen für den anfallenden Atommüll bis zum Ende der Betriebsgenehmigung 2020. Ein Zwischenlager mit 20 Containern macht nur Sinn, wenn die Laufzeit erheblich verlängert wird.

Mangelnde Sicherheit

Almaraz geriet immer wieder wegen Sicherheitsmängeln in die Schlagzeilen. Zuletzt versagte eine Pumpe des Kühlsystems, das mit Wasser aus dem Tajo betrieben wird. Der Motor lief fest, nachdem ein Bauteil, das Ölverlust verhindern soll, kaputtgegangen war. Die Betreiber – Iberdrola, Endesa und Unión Fenosa – gaben zu, dass die Bauteile zuletzt 1997 gewartet worden waren. "Alle fünf Pumpen sind baugleich", beschwerte sich Ecologistas en Acción, als der Betrieb nach einer Schnellreparatur wieder aufgenommen wurde.

Almaraz sei "obsolet", heißt es in der Erklärung aller in Portugals Parlament vertretenen Parteien. Das Land setzt auf erneuerbare Energien.

Zu Jahresbeginn funktionierte dank guter Winde die Stromversorgung erstmals vollständig ohne fossile Brennstoffe. Außer einem kleinen Forschungsreaktor hat Portugal keine AKWs.(Reiner Wandler aus Madrid, 14.1.2017)