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Zwei Angestellte von Microsofts Online-Security-Team verklagen nun den Konzern.

Foto: LUCY NICHOLSON / REUTERS

Ein eigenes "Online Safety Team" soll bei Microsoft dafür sorgen, dass die breite Öffentlichkeit die schrecklichsten Seiten des Internets nie zu sehen bekommt. Das bedeutet freilich auch: Wer in dieser Abteilung beschäftigt ist, muss aus beruflichen Gründen genau all diese Dinge betrachten. Wie wenig sich die großen Internetkonzerne um die damit einhergehende psychische Belastung kümmern, machte erst unlängst ein Bericht der Süddeutschen Zeitung über die Zustände bei Facebook öffentlich. Doch offenbar sieht es bei Microsoft in dieser Hinsicht nicht besser aus.

Klage

Zwei Angestellte des "Online Security Teams" haben nun Klage gegen Microsoft eingereicht, berichtet der Guardian. Als Teil ihres Jobs seien sie dazu gezwungen worden, Fotos und Videos von "unbeschreiblicher sexueller Gewalt", Morde und Kindesmissbrauch mitanzusehen. Dies habe bei den Betroffenen zu schweren posttraumatischen Stresserkrankungen geführt, heißt es in der Klagsschrift.

Nicht ausreichende Betreuung

Der Vorwurf gegen Microsoft lautet nun, dass das Unternehmen diese Belastungen einfach ignoriere und keinerlei adäquate psychologische Betreuung vornehme. In einer Stellungnahme weist der Windows-Hersteller diese Vorwürfe zurück: Man nehme nicht nur die eigene Verantwortung, solche Bilder aus dem Internet zu entfernen, sehr ernst, sondern kümmere sich auch um die Gesundheit der damit betrauten Angestellten.

Konsequenzen

Dies sehen die Kläger anders: Man sei vorab nicht über die Gefahren dieses Jobs informiert worden, und habe insofern keinerlei Ahnung gehabt, welche massiven Schäden dieser hinterlassen könne. Als Konsequenz ihrer Arbeit würde sie alleine schon durch den Anblick von Kindern "getriggert", die Nutzung eines Computers führe bei den beiden mittlerweile unweigerlich zu Zusammenbrüchen. Von Halluzinationen über Panikattacken in der Öffentlichkeit, Schlaflosigkeit und schweren Depressionen ist ebenfalls die Rede.

Besonders stark wiegt dabei, dass einer der beiden angibt, unfreiwillig in das Team von transferiert worden zu sein. Dort habe er dann einen "Gott-ähnlichen" Zugriff auf die Kommunikation sämtlicher Microsoft-Kunden gehabt, um der Polizei dabei zu helfen Verbrecherringe und gewälttätige Gruppen zu zerschlagen. Dies sei mit dem Ansehen vieler tausend einschlägiger Fotos und Videos einhergegangen.

Rauchpausen und Videospiel

Die von Microsoft ins Feld geführte Betreuung, sei dabei nicht ansatzweise ausreichend, heißt es in der Klagsschrift. So sei einem der beiden etwa nach den ersten schweren Symptomen empfohlen worden, öfters einmal Rauchpausen und Spaziergänge vorzunehmen, oder sich zwischendurch mit Videospielen abzulenken. Dass die Annahme dieses Ratschlags später zu einer schlechten internen Bewertung für übermäßiges Videospielen zur Arbeitszeit geführt habe, verdeutliche die fehlende Ernsthaftigkeit der Betreuung durch den Softwarehersteller.

Auswirkungen

Die beiden Kläger fordern von Microsoft nun Schadenersatz für den entstandenen psychischen Schaden. Falls sie mit ihrer Klage durchkommen, könnte dies Auswirkungen auf die gesamte IT-Industrie haben. Betreiben doch auch noch andere Firmen wie Google, Facebook oder Twitter entsprechende Teams. Deren Einrichtung ist übrigens nicht freiwillig, bereits seit dem Jahr 2008 gibt es ein Gesetz in den USA, dass die Techkonzerne dazu zwingt, Kindesmissbrauch und andere Verbrechen zu melden und von ihren Plattformen zu entfernen. (red, 12.1.2017)