Wien – "Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung" nennt sich der Paragraf, mit dem die "Nein heißt Nein"-Debatte in eine rechtliche Norm gebracht wurde. Seit 1. Jänner 2016 ist es strafbar, wenn man mit einer Person "gegen deren Willen" eine geschlechtliche Handlung ausführt. Welche Schwierigkeiten die Novelle für die Justiz bringt, zeigt das Verfahren gegen Peter M. (Name geändert, Anm.).

Der damals 15-Jährige hat im Mai mit seiner Freundin geschlafen. Die kurz darauf behauptet, sie habe das nicht gewollt, und ihn anzeigt. Nun sitzt der höfliche unbescholtene Teenager vor Richterin Beate Matschnig.

"Nicht so toll im Wasser"

M. und seine ein Jahr ältere Schulkollegin waren rund einen Monat zusammen. Am 22. Mai traf man sich mit einem befreundeten Paar auf der Donauinsel. Schon im Vorfeld wurde per Chat gescherzt: "Mach ma Wassersex?", lautete beispielsweise eine Frage. Man machte, oder versuchte es zumindest. "Es war halt nicht so toll im Wasser, es war kalt", erinnert sich der Angeklagte.

Man vereinbarte, am nächsten Tag für einen neuen Versuch in ihre Wohnung zu kommen. "Wir sind hingegangen, ich habe im Halbstock noch gewartet, ob ihre Mutter daheim ist", schildert der Teenager. Da die Bude sturmfrei war, kam er nach. "In ihrem Zimmer haben wir uns dann ausgezogen und herumgetan."

M.s Darstellung zufolge musste er sogar noch ein gerissenes Kondom wechseln, irgendwann sagte das Mädchen, sie wolle nicht mehr. "Da habe ich dann aufgehört." – "Wieso wollte Sie nicht mehr?", fragt Matschnig. "Weiß ich nicht. Ich habe das Nein gehört und aufgehört."

Einseitige Kommunikation

Am nächsten Tag herrschte von ihrer Seite Mobilfunkstille, er schrieb noch Nachrichten mit "Hi Schatz" in der Anrede. Aber auch: "Wollte es nicht übertreiben." – "Weil ich mich gewundert habe, warum sie nicht geantwortet hat", erklärt er.

Das Mädchen wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit einvernommen, danach wird klar, dass sie – im Gegensatz zur Aussage bei der Polizei – den Wassersex bestätigt und auch die Geschichte mit dem Halbstock. In der Wohnung habe sie aber von Anfang an gesagt, sie wolle nicht.

Verteidigerin glaubt an Missverständnis

Beide Jugendlichen leiden an psychischen Problemen. Für Verteidigerin Sonja Scheed eine Erklärung: "Vielleicht sind von ihr zarte Signale ausgegangen, die er nicht so verstanden hat."

Matschnig sieht das ähnlich und spricht M. daher nicht rechtskräftig frei. (Michael Möseneder, 11.1.2017)