London/Wien – Eine immer tiefere Spaltung der Gesellschaft, steigende Ungleichheit, mehr Naturkatastrophen. Die Zukunft sieht düster aus, wenn sich die führenden Politiker nicht bald zusammenreißen und gemeinsam an Lösungen für die drängenden Probleme arbeiten. Dieses Resümee ziehen die Autoren einer Studie im Auftrag des Weltwirtschaftsforums (WEF), in der die größten globalen Risiken analysiert werden.

Zum 47. Mal findet die Tagung der weltweiten Elite heuer im Wintersportort Davos in der Schweiz statt. Von 17. bis 20. Jänner treffen sich Politiker, Wirtschaftsbosse, Intellektuelle und Journalisten, um die großen Probleme der Welt zu diskutieren.

Politische Unzufriedenheit

Das diesjährige Treffen steht im Zeichen global wachsender politischer Unzufriedenheit und radikaler Umbrüche im vergangenen Jahr. "2016 wird uns als ein Jahr voller dramatischer politischer Ereignisse in Erinnerung bleiben", heißt es in einer Aussendung des WEF. Gemeint sind damit allen voran der unerwartete Erfolg der Brexit-Kampagne und der überraschende Wahlsieg Donald Trumps in den USA, der am 20. Jänner noch während des WEF sein Amt als Präsident antreten wird.

Mit Sorge blicken die Studienautoren auch auf den Aufstieg populistischer Parteien in vielen anderen westlichen Staaten. Ihnen gelinge es, mit nationalistischen Parolen und plumper Elitenkritik zunehmend Erfolge einzufahren. Das zeige die wachsende Unterstützung für Rechtsaußen-Parteien, etwa in Deutschland, Frankreich, Italien und auch Österreich.

Die größten Risiken

Hinter den politischen Umbrüchen und der Krise der westlichen Demokratie stehe ein Bündel tiefgreifender Probleme. Ganz vorn dabei: die zunehmende Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen. Und auch eine hohe strukturelle Arbeitslosigkeit, wie sie etwa in Spanien oder Griechenland herrscht, erhöhe das Risiko für gesellschaftliche Instabilität.

Als weitere potenzielle Gefahr sehen die WEF-Autoren den raschen Fortschritt von künstlicher Intelligenz und Robotertechnologie, den Treibern der "vierten industriellen Revolution". Die neuen Technologien könnten zwar das Wirtschaftswachstum ankurbeln, sollten mit der Automatisierung aber alte Jobs wegfallen und nicht genug neue entstehen, hätte das schwerwiegende gesellschaftliche Folgen.

Im Bereich des Klimawandels wurden zuletzt einige Fortschritte gemacht. Das Pariser Klimaabkommen wurde 2016 unter anderem von den USA und China ratifiziert. Durch die jüngsten politischen Entwicklungen sehen die WEF-Autoren diese Fortschritte aber gefährdet.

Treffen ohne Merkel

Viele hochrangige Politiker werden dem WEF heuer fernbleiben. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, einst Stammgast in Davos, wird zum zweiten Mal in Folge nicht teilnehmen. Es sei aber keine Absage, da Merkel ohnehin nicht zugesagt hatte, teilte ihr Sprecher mit. Auch François Hollande, scheidender Präsident Frankreichs, kommt nicht in den Schweizer Nobelskiort. Ebenfalls fehlen werden der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Kanadas Premierminister Justin Trudeau.

Mit dabei ist dafür der chinesische Präsident Xi Jinping. Es ist das erste Mal, dass ein chinesischer Staatschef am Weltwirtschaftsforum in Davos teilnimmt. Dahinter könnten Chinas Bemühungen stecken, in Zukunft eine größere weltpolitische Rolle zu spielen. (Philipp Bauer, 11.1.2017)