Relativ aufwendig ist die Inszenierung von Willy Decker. Die Ausstattung in Weiß trug Wolfgang Gussmann bei.

Foto: Wiener Staatsoper

Wien – Krankheits- und umstandsbedingte Besetzungsänderungen sind im Opernbetrieb keine Seltenheit. Gleich drei kurzfristige Umbesetzungen bei einem selten gespielten Werk wie Erich Wolfgang Korngolds Die tote Stadt dürften jedoch sogar das Betriebsbüro der Wiener Staatsoper ein wenig ins Schwitzen gebracht haben. "Die Grippewelle hat auch uns erreicht", entschuldigte sich der Dramaturg und warb um Verständnis für die bevorstehende Bewältigung des anspruchsvollen Werks. Noch dazu in der relativ aufwendigen Inszenierung von Willy Decker mit ihrer psychologisierend-traumartigen Verdopplung des Bühnenbildes- und -geschehens.

Die geplante Fernseh- und Radioaufzeichnung des ORF wurde abgeblasen, in der Oper selbst musste die Vorstellung mit drei unerwarteten Rollendebüts einschließlich der männlichen Hauptrolle freilich vonstattengehen. Und so waren alle Augen
und Ohren vor allem auf Herbert Lippert gerichtet, der statt Klaus Florian Vogt den nahezu durchwegs beschäftigten, heldisch-leidgeplanten Paul sang. Entsprechend den Umständen war die Atmosphäre an diesem Abend ein wenig gedrosselt, die Anerkennung am Ende jedoch freundlich und deutlich, und diese Stimmung entsprach dem, was Lippert leistete: Ohne die immense Anstrengung ganz vergessen machen zu können, manövrierte er sich sicher und mit verlässlicher Brillanz durch den Abend.

Ordentlich absolviert

Als Marietta stand ihm mit Camilla Nylund ebenfalls eine (geplante) Rollendebütantin zur Seite, die gut zwischen lyrischen Momenten und walkürenhafter Dramatik wechselte. Verlässlich waren Monika Bohinec, kurzfristig als Brigitta für Janina Baechle eingesprungen, sowie Joseph Dennis als Victorin anstelle von Norbert Ernst. Markant und souverän, dabei in seiner Routine stets lebendig war Adrian Eröd in den Partien des Frank und des Fritz.

So glanzvoll der Abend geplant war, so ordentlich wurde er zumindest – trotz spürbarer Nervo sität – absolviert. Für Finetuning zwischen Bühne und Orchester war da zwar wenig Raum gewesen, jedoch entwickelte Dirigent Mikko Franck, der das Staatsopernorchester anfangs noch gar zu wenig drosselte, bald die nötige Dosierung und nach und nach sogar einen fulminant leuchtenden Sound. Und das war an diesem Abend schon nicht wenig.

Die Einspringer der kleineren Rollen bleiben auch am 12., 15. und 20. 1. im Einsatz. Derzeit geplant ist jedoch, dass Klaus Florian Vogt wieder in der Partie des
Paul auftreten kann. (Daniel Ender, 10.1.2017)