David Lama klettert in "Bergwelten" auf den Lunag Ri, zu sehen am Mittwoch auf Servus TV.

Foto: Servus TV, Red Bull

Gemeinsam mit dem Kletterer Conrad Anker macht sich David auf den Weg zur nepalesisch-tibetischen Grenze.

Foto: Servus TV, Red Bull

Wien – Schritt für Schritt hackt David Lama die Steigkrallen in den Felsen und zieht sich daran hoch. Es ist ein monotones Klingen, in dem viel Konzentration steckt: Jeder einzelne Schlag, mit dem der Extremkletterer die Spange in die Wand rammt, muss sitzen, andernfalls droht der Absturz.

Man muss nicht zwingend Fan des Klettersports sein oder ihn gar selbst ausüben, um den Aufstieg David Lamas in der neuen Folge der Bergwelten, Mittwoch, 21.15 Uhr auf Servus TV, mit angehaltenem Atem zu verfolgen. Durch die Helmkamera erhält der Zuschauer eine unmittelbare Sicht auf Lamas Tun.

Beim Hallenklettern sei es nicht so schlimm, wenn man ins Seil falle, sagt Lama im Gespräch mit dem STANDARD. Hier, in der fast senkrechten Wand des Lunag Ri, wäre ein Fehler verhängnisvoll: Stürzt der Tiroler ab, verliert er wertvolle Zeit für den Gipfel. Und er hat niemanden, mit dem er eine Strategieänderung bereden könnte, geschweige denn jemanden, der ihm hilft: Lama ist inzwischen allein, den Kameraden musste er unten im Tal lassen.

Unten, das ist in dem Fall Phaplu im Solokhumbju-Distrikt. Hierher kam Lama, um "zurück zu seinen Wurzeln" zu kehren. Vor 15 Jahren war er zuletzt in der Heimat seines Vaters. Er war Sherpa in Nepal und heiratete nach Österreich. In Phaplu stößt Lama auf die Spuren des zerstörerischen Erdbebens vom Frühjahr 2015. "Wir dachten, es wäre schön, mit meinen Eltern nach Nepal zurückzukehren", sagt Lama.

Bei der Gelegenheit wollen er und sein Kollege Conrad Anker den Lunag Ri besteigen, mit 6895 Meter der höchste noch unbestiegene Berg Nepals. Wer die eisigen, kerzengeraden Wände sieht, die bewältigt werden müssen, begreift schnell, warum das so ist.

Zwischenfall

Lama und Anker versuchen den Aufstieg über die Nordwestwand, scheitern im Oktober 2015 und kommen Monate später wieder. Ein Zwischenfall führt dazu, dass Lama letztlich alleine weitergeht. Drei Tage verbringt er in der Wand des Lunag Ri und geht an seine Grenzen. Am schwierigsten sei der Entschluss gewesen, "alleine in eine Wand einzusteigen, obwohl ich geplant hatte, zu zweit zu klettern. Mit dem Wissen, dass mir da absolut kein Fehler passieren darf und ich ganz alleine bin und auch auf keine Rettung hoffen kann", sagt Lama.

"Klettern und Bergsteigen haben Vorrang", sagt der 26-Jährige. Das trifft für sein Leben ebenso zu wie für den Film. Der Tiroler gilt als Ausnahmetalent, hat alle wichtigen Wettkämpfe in Hallen gewonnen und bricht Rekorde im Freigelände. Mit Red Bull hat er seit 2006 einen potenten Sponsor, der ihm obendrein Fernsehpräsenz über Servus TV verschafft.

Die Filmarbeit habe kaum Einfluss auf den Ablauf der Expedition, sagt Lama. Höher als ins Basislager kämen Regisseur und Kameraleute ohnehin nicht. Würde man "jemanden mitschleppen, wären die Chancen, den Gipfel zu erreichen, verschwindend gering", sagt Lama. Regie führten Hans-Peter Stauber und der Kameramann Martin Hanslmayer.

Mitspracherechte

Für den Film behält er sich Mitspracherechte vor: "Nachdem es meine Projekte sind und ich den Zuschauern die Möglichkeit geben will, daran teilzuhaben, möchte ich die Hand darauf haben, wie die Geschichte erzählt wird", sagt Lama. Als Motivation für seine Kletterei gibt er "Selbstverwirklichung" an, bei einer Erstbegehung sieht er sich wie einen "Künstler, der vor einer weißen Leinwand steht und die ersten Linien zieht. Das ist für mich das reizvolle am Bergsteigen".

Dass der Reiz nicht nachlässt, dafür sorgen etliche noch "weiße" Flecken in den Gebirgskarten dieser Welt: 2017 versucht er im Frühjahr noch einmal die Südostkante von Annapurna III, eine der großen ungelösten Routen im Alpinismus. (Doris Priesching, 10.1.2017)