Man kennt sie ja. Immer tauchen sie dann auf, wenn es besonders schön ist. Beziehungsweise weiß man erst durch ihr Auftauchen, dass es gerade schön gewesen ist. Bis zu diesem Augenblick ist es harmonisch. Friedlich. Aber von einer Sekunde auf die nächste treten sie in Erscheinung und stören den Frieden. Deshalb nennt man sie auch Störenfriede.
Man könnte nun historisch argumentieren und darauf hinweisen, dass sie – nehmen wir zum Beispiel Wilhelm Tell – anderen so sehr auf die Nerven gefallen seien, dass sie es schafften, das Joch der Obrigkeit abzuschütteln. Mit ausreichender Querulanz konnte man es sogar bis zum Nationalhelden bringen. Oder man würdigt Störenfriede dafür, dass sie stellvertretend für einen selbst jenes anarchische Potenzial zeigen, das einem einst im Frontalunterricht ausgetrieben wurde.
Das philosophische Porträt des Störenfrieds, das Nikolaus Halmer in der Ö1-Reihe "Dimensionen" (Montag, 19.05) entlang der Schriften von Guy Debord, Denis Diderot und Thomas Hobbes entwirft, nähert sich dem Puer robustus auf vielfältige Weise. Wesentliches Charaktermerkmal bleibt dabei – quer durch die Jahrhunderte – das Provozierende. Denn der wahre Störenfried erhebt sein Tun, so er es als gesellschaftlichen Auftrag betrachtet, auf höchster Stufe zur Kunst der Herausforderung.
Hier kann man lernen, dass die Provokation um ihrer selbst willen nicht mehr ist als ein Ärgernis, während der echte Störenfried sich dadurch auszeichnet, dass er gegebenenfalls den eigenen Kopf hinhalten muss. Oder den des eigenen Buben, auf dem ein Landvogt einen Apfel zum Schuss freigegeben hat. Dann landet man als Störenfried einen Volltreffer.(Michael Pekler, 8.1.2017)