Wien – Kritik an der ÖVP-Forderung nach einem Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst kam am Sonntag von der Initiative Muslime gegen Antisemitismus und Juden gegen Islamfeindlichkeit. Landes-Oberrabbiner Schlomo Hofmeister und Imam Ramazan Demir kritisierten in einer gemeinsamen Aussendung, dass ein Kopftuchverbot diskriminierend und religionsfeindlich sei.

Nach Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz hatten sich am Wochenende weitere ÖVP-Politiker für ein Verbot religiöser Kleidungsstücke im öffentlichen Dienst ausgesprochen. Laut Imam Ramazan Demir komme Kurz mit seinem Vorstoß einer alten rechtspopulistischen Forderung nach. Die Forderung sei ein schwerwiegender Eingriff in die Religionsfreiheit und eine Bevormundung von Frauen.

Verbot würde alle Kleriker treffen

"Diese Kopftuchdebatte darf nicht mit der Diskussion um Gesichtsverschleierung verwechselt werden. Vielmehr geht es hier um die Forderung Kleidungsstücke zu verbieten, die in religiösen Traditionen verwurzelt sind und deswegen als religiöses Symbol wahrgenommen werden", meinte Landes-Oberrabbiner Hofmeister. Ein derartiges Verbot würde nicht nur die Kopftücher muslimischer und jüdischer Frauen und die Kippa jüdischer Männer treffen, sondern konsequenterweise auch alle Angehörigen des Klerus, die als Lehrer tätig sind.

Die Debatte würde darüber hinaus die Gesellschaft unnötig polarisieren, warnte Hofmeister. "Jene Politiker, die Integration rufen, aber Assimilation meinen, müssen sich den Vorwurf gefallen lassen eine reaktionäre Agenda mit autoritären Zügen zu verfolgen, die mit wertkonservativen Idealen nichts mehr zu tun hat, sondern lediglich das Ziel verfolgt, mit den Rechtspopulisten um Wählerstimmen zu eifern."

Kritik kam auch von der Organisation SOS Mitmensch. Minister Kurz und der Regierungsberater Heinz Faßmann torpedierten mit ihren Kopftuchverbots-Aussagen die eigenen Ziele. "Wer tatsächlich religiöse Neutralität erreichen will, darf nicht religiöse Ungleichbehandlung fordern. Und wer Integration stärken will, darf nicht Ausgrenzung, Entfremdungsgefühle und Frontenbildung fördern", erklärte SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak. (APA, 8.1.2017)