Versteinerter Embryo eines Protoceratops kurz vor dem Schlüpfen. Bis er aus dem Ei kroch, verging mehr Zeit als bisher angenommen.

AMNH/M. Ellison

Betrug die Brutdauer beim kleinen Protoceratops immerhin drei Monate, war sie beim riesigen Hypacrosaurus (hier der untersuchte Embryo) doppelt so lang.

Darla Zelenitsky

Tallahassee/Wien – Elefanten, die größten heute lebenden Landtiere der Erde, haben eine Tragezeit von bis zu 22 Monaten. Sehr viel schneller geht es, bis der Afrikanische Strauß, eine der größten Vogelarten des Planeten, seine Eier ausgebrütet hat: Das Jungtier schlüpft bereits nach 42 Tagen. Das hat aber auch mit dem wärmeren Klima Afrikas zu tun: Männliche Kaiserpinguine, die das Ei in einer Bauchfalte über ihren Füßen warm halten, müssen 64 Tage lang in der Antarktis ausharren, bis sich der Nachwuchs zeigt.

Bei den heute lebenden Reptilien, die so wie die Vögel der Gruppe der Archosauria angehören, dauert es bei vergleichbarer Eigröße noch einmal etwa doppelt so lang, bis die Jungtiere schlüpfen. Doch wie war das bei ihren Verwandten, den Dinosauriern, die vor 66 Millionen Jahren ausstarben? Waren die eher schnelle oder langsame Brüter?

Eier in Volleyballgröße

Da die Dinosaurier bis zu vier Kilogramm schwere und volleyballgroße Eier legten, vermutete man bisher, dass die Dinosaurier so wie die Vögel eher kürzere Brutzeiten hatten. Zumal man mittlerweile auch weiß, dass die Jungtiere noch recht klein zur Welt kamen, dann aber extrem schnell wuchsen. Freilich: "Einige der größten Rätsel rund um die Dinosaurier betreffen deren Embyrologie", sagt Gregory Erickson, ein Paläontologe von der Florida State University in Tallahassee. Das hat vor allem auch damit zu tun, dass gut erhaltene Dino-Embryos relativ rar gesät sind, wie Koautorin Darla Zelenitsky (Uni Calgary) herausstreicht.

Das Team um Erickson und Zelenitsky konnte für ihre Studie im Fachblatt "PNAS" auf fossile Embryos zweier verschiedener Dinosaurierarten zurückgreifen: eines Protoceratops, der ausgewachsen etwa so groß wie ein Schaf wurde und dessen Eier keine 200 Gramm schwer waren, sowie eines Hypacrosaurus, eines großen Entenschnabelsauriers mit vier Kilogramm schweren Eiern. Dessen Gelege war im kanadischen Alberta entdeckt worden, das des Protoceratops in der Wüste Gobi.

Modernste Methoden führen zur Lösung

Wie aber bestimmten nun die Forscher die Brutdauer? Sie konzentrierten sich bei den Untersuchungen auf die sogenannten Ebner-Linien, das sind ganz feine Anlagerungslinien, die im Laufe der Zahnentwicklung entstehen. Anders als die Jahresringe von Bäumen steht eine Ebner-Linie für einen Tag der Entwicklung.

Mittels modernster Methoden – CT-Scannern und hochauflösenden Mikroskopen – konnten die Paläontologen tatsächlich diese Linien identifizieren und auf diese Weise für die Embryos des kleinen Protoceratops eine Brutzeit von drei Monaten bestimmen, für den großen Hypacrosaurus eine Dauer von sechs Monaten.

Die täglichen Wachstumslinien, die am Zahn eines Hypacrosaurus-Embryos sichtbar wurden.
G.M. Erickson

Grund für den Dino-Exitus?

Damit konnten die Wissenschafter zum einen die Annahme widerlegen, dass die Brutdauer eher der von Vögeln als der von Reptilien ähnelte – tatsächlich dürfte es also genau umgekehrt gewesen sein. Zum anderen gehen die Forscher davon aus, dass diese längere Entwicklungszeit auch zum Aussterben der Dinosaurier vor rund 66 Millionen Jahren beigetragen hat. Denn je länger die Entwicklung dauert, desto größer ist das Risiko, dass die Eier Nesträubern zum Opfer fallen oder die Embyronen aufgrund der Kälte absterben. (tasch, 2.1.2017)