Da man noch nicht genügend Grundkapital für die Bank hat, soll 2017 laut Peter Zimmerl ein Zahlungsinstitut gegründet werden.

Foto: Heribert Corn

STANDARD: Die Bank für Gemeinwohl versteht sich als Ethikbank. Obwohl der Anspruch, verantwortungsvoll zu wirtschaften, von vielen Menschen als ausgesprochen unterstützenswert angesehen wird, ist es anscheinend nicht einfach, die notwendigen fünf Millionen Euro Grundkapital zusammenzubekommen. Wieso eigentlich?

Zimmerl: Die Bank für Gemeinwohl ist ein Pionierprojekt, und wir sind damit die ersten in Österreich. Lange Zeit war ein solcher ethischer Anspruch, wie wir ihn haben, einfach kein Thema. Das hat sich erst mit der Finanzkrise 2007/08 geändert. Wir haben mittlerweile 4500 Genossenschafterinnen mit einem Gesamtkapital von fast 3,3 Millionen Euro – das ist schon beachtlich, obwohl es, das muss ich zugeben, langsamer geht, als wir ursprünglich angenommen haben. Es gibt aber wie gesagt keinerlei Erfahrungswerte mit so etwas.

STANDARD: Sie mussten deshalb die kurzfristigen Zielen ändern?

Zimmerl: Ja, wir starten 2017 einmal mit einer Crowdfundigplattform. Auch da steht die Gemeinwohl-Orientierung im Vordergrund, und wir werden die Auswahl der Projekte entsprechend treffen. Es geht uns darum, dass es im Land zu einer ökonomischen Veränderung kommt, bei der das Finanzsystem die Bedürfnisse der Menschen unterstützt. Wir wollen Firmen und Projekte fördern, die zu dieser Werthaltung passen.

STANDARD: Das heißt, Sie verwenden das Kapital, das durch Ihre Genossenschafter zusammengekommen ist, nun für Crowdfunding?

Zimmerl: Nein! Wir stellen zunächst die Crowdfunding-Plattform für gemeinwohlorientierte Unternehmen und Projekte als Infrastruktur zur Verfügung. Der Betrieb der Plattform wird über Gebühren finanziert, die Unternehmen für erfolgreich finanzierte Projekte bezahlen.

STANDARD: Aber es gibt doch bereits irrsinnig viele Start-ups und sehr viele Plattformen dafür, die Finanzierungen bereitstellen oder dafür werben.

Zimmerl: Dass es zu viele gibt, sehe ich nicht so. Mir ist aufgefallen, dass es gerade in Bereichen mit sozialem, langfristig-nachhaltigem oder ökologischem Hintergrund schwierig ist, Risikokapital zur Verfügung zu stellen. Vielleicht nicht für Internet-Start-ups oder eine andere hippe Branche, aber die sind auch nicht unser Fokus. Wir wollen Unternehmens- und Projektideen, bei denen nachhaltig gewirtschaftet wird.

STANDARD: Zum Beispiel?

Zimmerl: Zum Beispiel die Finanzierung einer kooperativen Biolandwirtschaft. Dabei könnte als Ertrag für Anleger nicht nur Zinsen, sondern auch Bioprodukte die Gegenleistung für Unterstützer sein. Es geht uns nicht darum, dass der Investor oder der Firmengründer reich wird, sondern beide sollen davon profitieren, und darüber hinaus soll auch ein positiver Beitrag zum Gemeinwohl – also für möglichst viele Menschen – geschaffen werden.

STANDARD: Das ist verständlich, aber sollten sich die Dinge nicht auch rechnen müssen?

Zimmerl: Ohne Zweifel! Aber es gibt eine Handvoll Kriterien, die müssen zuallererst stimmen: Moral, soziale Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit, der ökologische Fußabdruck – das ist der Rahmen. Und dann kommt noch die Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit dazu. Um das alles zu erreichen, setzen wir auf unsere Experten unter unseren Genossenschaftern. Die sehen sich die Projekte an und evaluieren diese.

STANDARD: Also "the wisdom of the crowd"?

Zimmerl: Genau! Alle Genossenschafter haben die Möglichkeit, sich einzubringen, und da sind viele Experten aus den unterschiedlichsten Bereichen dabei. Erst dann wird die Finanzierung freigegeben.

STANDARD: Sie wollen nächstes Jahr auch als Zahlungsinstitut starten?

Zimmerl: Ja, das wird einer der nächsten Schritte. Nächstes Jahr werden wir einen entsprechenden Lizenzantrag bei der Finanzmarktaufsicht stellen. Denn als Zahlungsinstitut sind die initialen Kapitalerfordernisse viel geringer als bei einer Vollbank, nämlich bei 125.000 Euro. Das haben wir schon weitgehend zusammen.

STANDARD: Was wird bei dem Zahlunginstitut der Unterschied zu einem anderen Konto bei einer x-beliebigen Bank sein?

Zimmerl: Wir bieten typische Bankdienste wie Kontoführung, Überweisungen, und es wird eine Bankomatkarte geben, die überall funktioniert. Aber wir selbst haben keinen Geldausgabeautomaten. Das wird für Private rund acht Euro im Monat kosten. Bei Unternehmen wissen wir, dass sie Interesse an einem Zweit- oder Drittkonto bei uns haben. Für die Wirtschaft ist es ein Statement, ein Konto bei uns zu haben. Wir können nicht mit besonderen technischen Neuerungen punkten, aber mit ideellen Werten. Einlagengeschäft und klassische Kreditvergabe wird es beim Zahlungsinstitut nicht geben, sondern erst als Vollbank. In der Übergangszeit arbeiten wir mit anderen Ethikbanken bei der Kreditvergabe zusammen.

STANDARD: Muss man Genossenschafter sein, wenn man bei Ihnen ein Konto will?

Zimmerl: Das diskutieren wir derzeit; da ist die Entscheidung noch nicht getroffen. Aber man kann sich als Bankkunde bei uns sicher sein, dass es keine Finanzspekulation mit den Einlagen gibt.

STANDARD: Sie betonen, dass es bei Ihnen keine exzessiven Boni und Gehälter gibt. Wie schaut's da aus?

Zimmerl: Wir sagen, die sogenannte Spreizung, also niedrigstes zu höchstem Gehalt, ist nicht mehr als 1:5. Und: Die obersten Gehälter, also zum Beispiel meins, liegen nicht über der Höchstbemessungsgrundlage, die 2016 bei 4860 Euro lag. (INTERVIEW: Johanna Ruzicka, 2.1.2017)