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US-Präsident Barack Obama verhängt Sanktionen gegen Russland.

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Wladimir Putin und Barack Obama bei ihrem Treffen am Rande der UN-Hauptversammlung 2015

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Moskau – Russland will nun doch keine US-Diplomaten im Streit mit den USA über Hackerangriffe ausweisen. "Wir werden niemanden außer Landes schicken", erklärte Präsident Wladimir Putin am Freitag laut Angaben des Kreml. Zuvor hatte Außenminister Sergej Lawrow russischen Nachrichtenagenturen zufolge erklärt, er werde Putin vorschlagen, 35 US-Diplomaten des Landes zu verweisen. Russland reagiere damit auf die von US-Präsident Barack Obama verhängten Strafmaßnahmen.

Putin erklärte kurz darauf allerdings, die US-Sanktionen seien ein weiterer Schritt, um die Beziehungen zwischen beiden Ländern zu untergraben. Er bedauere, dass Obamas Amtszeit so ende. Russland werde zunächst die Handlungen des kommenden US-Präsidenten Donald Trump abwarten, bevor es über die eigenen nächsten Schritte im Verhältnis zu den USA entscheide.

Warten auf Trump

In seiner am Freitag in Moskau veröffentlichten Stellungnahme machte Putin klar, dass er für die Gestaltung des Verhältnisses zu den USA nur noch die Russland-Politik des künftigen US-Präsidenten Donald Trump für maßgeblich erachte, der am 20. Jänner sein Amt antritt.

Zwar behalte sich Russland das "Recht auf Vergeltungsmaßnahmen" für die Ausweisung von 35 Russen durch US-Präsident Barack Obama vor, hieß es in Putins Erklärung. "Unsere nächsten Schritte bei der Wiederherstellung der US-russischen Beziehungen werden wir auf Grundlage der Politik der Regierung von Präsident Donald Trump planen", hieß es in der Erklärung weiter.

Trump hat Putin am Freitag dafür gepriesen, dass er nach den neuen US-Sanktionen vorerst auf Gegenmaßnahmen verzichtet. Das sei ein großartiger Zug, schrieb der designierte US-Präsident im Kurznachrichtendienst Twitter. "Ich habe immer gewusst, dass er sehr klug ist."

USA weisen 35 Russen aus

Lawrow hatte den US-Vorwurf als haltlos bezeichnet, Russland habe sich mit Hackerangriffen in den US-Präsidentenwahlkampf eingemischt. Obama hatte am Donnerstag Strafmaßnahmen gegen Russland angeordnet. Unter anderem sollen 35 russische Geheimdienst-Mitarbeiter binnen 72 Stunden die USA verlassen. Zudem würden zwei russische Anwesen in den USA geschlossen.

Obama hatte am Donnerstag Strafmaßnahmen gegen Russland angeordnet. Unter anderem müssten 35 russische Geheimdienstmitarbeiter binnen 72 Stunden die USA verlassen. Zudem würden zwei russische Anwesen in den USA geschlossen.

Medwedew kritisiert Obama

Ministerpräsident Dmitri Medwedew kritisierte die Regierung des scheidenden US-Präsidenten Barack Obama: "Es ist bedauerlich, dass die Obama-Regierung, die mit einer Wiederherstellung unserer Beziehungen begann, ihre Amtszeit in antirussischer Agonie beendet", schrieb Medwedew am Freitag im Kurznachrichtendienst Twitter. Er fügte die Buchstaben RIP für "Rest In Peace" (Ruhe in Frieden) hinzu.

"The Daily Beast" hat einen ausführlichen Bericht über die nun geschlossene russische Einrichtung in New York: Obama Targets Putin's Spies Over DNC Hack

Obama deutete erneut an, es könne einen verdeckten Gegenangriff geben, und kündigte weitere Maßnahmen an, "von denen einige nicht öffentlich gemacht werden" sollten. Einzelheiten nannte er nicht. Die Bundespolizei FBI und das Heimatschutzministerium legten einen Bericht über technische Einzelheiten der mutmaßlichen russischen Angriffe vor.

Einmischung in US-Präsidentschaftswahl

Russland sei in der Vergangenheit mehrfach öffentlich wie auch hinter den Kulissen verwarnt worden, erklärte Obama von Hawaii aus, wo er die Feiertage verbringt. Die Strafmaßnahmen seien "eine notwendige und angemessene Antwort" auf den Versuch, den Interessen der USA zu schaden. "Alle Amerikaner sollten von den Aktionen Russlands alarmiert sein." Die Cyberangriffe könnten nur von höchsten Ebenen in der russischen Regierung angeordnet worden sein, erklärte er.

Die USA beschuldigen Moskau, sich mit Hackerattacken in die Präsidentschaftswahl eingemischt zu haben. Obama machte den russischen Präsidenten Wladimir Putin schon vor wenigen Tagen persönlich dafür verantwortlich. Die Vorwürfe beruhen auf Geheimdiensterkenntnissen. Die von der Enthüllungsplattform Wikileaks verbreiteten E-Mails der Demokratischen Partei hatten interne Machtkämpfe im Stab von Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton offenbart. Das schadete ihrem Wahlkampf massiv, sie unterlag letztlich dem Republikaner Donald Trump.

Schikanierung von US-Diplomaten in Russland

Obama machte deutlich, dass es ihm nicht nur um die Hackingvorwürfe gehe, sondern auch um die Behandlung von US-Diplomaten in Russland. Diese seien im vergangenen Jahr von russischen Sicherheitsdiensten und Polizisten "in unannehmbarer Weise" schikaniert worden.

Die neuen Entwicklungen seit Donnerstag markieren einen Tiefpunkt in den Beziehungen zwischen den USA und Russland seit dem Ende des Kalten Krieges. Diese hatten sich in den vergangenen Jahren wegen des Ukraine-Konflikts nach der russischen Annexion der Krim und des syrischen Bürgerkriegs ohnehin stark verschlechtert.

Trump bezweifelt Geheimdiensterkenntnisse

Der designierte Präsident Trump sah zunächst davon ab, die Maßnahmen der amtierenden Regierung zu bewerten. Er kündigte an, sich in der kommenden Woche mit Vertretern der Geheimdienste zu treffen und von ihnen "über die Fakten in dieser Situation unterrichten" zu lassen. Trump betonte, Amerika müsse nun nach vorne schauen: "Es ist an der Zeit für unser Land, sich größeren und besseren Dingen zu widmen."

Der um bessere Beziehungen zu Russland bemühte Republikaner hat bisher starke Zweifel an den geheimdienstlichen Erkenntnissen geäußert. Die Einschätzung, dass sie teilweise darauf abzielten, ihm zum Wahlsieg zu verhelfen, nannte er "lächerlich".

Man sollte die Sache auf sich beruhen lassen, sagte der Republikaner am Mittwoch auf die Frage eines Journalisten. Er denke, so Trump, dass Computer unser Leben sehr verkompliziert hätten ("I think that computers have complicated lives very greatly").

"Das ganze Computerzeitalter hat dazu geführt, dass niemand so genau weiß, was eigentlich vor sich geht", sagte er weiter.

Republikanische Senatoren unzufrieden

Trump könnte die Sanktionen nach seinem Amtsantritt am 20. Jänner tatsächlich umgehend aufheben. Allerdings hätte er dabei wohl mit erheblichem Widerstand in seiner eigenen Partei zu kämpfen. Etliche Mitglieder fordern eine lückenlose Aufklärung der Vorwürfe gegen Moskau. Die mächtigen republikanischen Senatoren John McCain und Lindsey Graham traten für noch härtere Maßnahmen gegen Russland ein. Obamas Schritte seien längst überfällig gewesen und letztlich nur ein "kleiner Preis" für Moskau, hieß es in einer Erklärung der beiden.

Aus dem Weißen Haus hieß es, das Maßnahmenpaket sei ein wichtiges Warnsignal in Richtung Russland. "Wir haben jeden Grund zur Annahme, dass sie sich auch weiterhin in demokratische Wahlen einmischen werden, darunter von einigen unserer europäischen Verbündeten", sagte ein Regierungsbeamter, der nicht namentlich genannt werden wollte. Auch in Deutschland gibt es Befürchtungen, dass es im Vorfeld der Bundestagswahl im kommenden Jahr zu Hackerangriffen kommen könnte.

FBI-Stellungnahme

Der Bericht zu den technischen Einzelheiten der Angriffe ist die erste offizielle Stellungnahme des FBI zu den Vorwürfen. In dem 13 Seiten langen Dokument werden die mutmaßlichen russischen Maßnahmen unter dem Codenamen "Grizzly Steppe" geführt. Demnach soll der FSB seit Mitte 2015 E-Mails mit bösartigen Links an mehr als 1.000 Empfänger geschickt haben, darunter einige in der US-Regierung.

Aus mit der Sache vertrauten Kreisen verlautete, der Bericht bestätige im Wesentlichen die bereits veröffentlichten Befunde von privaten Sicherheitsfirmen wie CrowdStrike. Viele der Informationen seien nicht neu. Das FBI, der Geheimdienst CIA und der Leiter der Nationalen Geheimdienste haben sich überzeugt gezeigt, dass Russland hinter einer Serie von Angriffen auf Computer der Demokraten vor der Wahl am 8. November steckt.

Scharfe Kritik an Obama

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, hat die scheidende US-Regierung wegen der Sanktionen in der Hacker-Affäre mit ungewöhnlich heftigen Worten kritisiert. Über die Regierung von Präsident Barack Obama schrieb sie in der Nacht auf Freitag auf ihrer privaten Facebook-Seite: "Das ist keine Regierung. Das ist eine Gruppe außenpolitischer Versager, böse und beschränkt." Für Freitag kündigte Sacharowa seitens der russischen Politik "offizielle Mitteilungen, Gegenmaßnahmen und vieles mehr" an. Auch Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hat Vergeltungsschritte angedroht.

Die russische Botschaft in London warf den USA Methoden aus der Zeit des Kalten Krieges vor. "Präsident Obama weist 35 (russische) Diplomaten aus in einem Kalten-Krieg-Déjà-vu", erklärte sie auf Twitter. Dazu veröffentlichte sie das Bild einer Ente mit der Aufschrift "lame" in Anspielung auf scheidende US-Präsidenten, die als "lame duck" ("lahme Ente") bezeichnet werden.

(red/APA/Reuters, 29.12.2016)