Die Filiale einer bekannten Buchhandlung in der Wiener Kärntner Straße sperrt zu. Es ist damit zu rechnen, dass auch hier ein Geschäft für Touristenbedarf hinkommt. Damit nähert sich die frühere Wiener Nobelgeschäftsstraße weiter dem Endstadium ihrer Metamorphose. Andere Buchhändlerstandorte in der Wiener Innenstadt sind schon gefallen. Und die allermeisten Kioske in Wien 1 führen nicht mehr internationale Zeitungen – sondern Touristenbedarf. Da gibt es Produkte von der Sorte zu erwerben, bei der man sich als wieder zu Hause angekommener Tourist fragt, warum in aller Welt man diese Staubfänger gekauft hat. Aber die Kolonnen, die hinter dem Regenschirm der Fremdenführerin hertrotten, sehen auch nicht so aus, als hätten sie Zeit und Lust auf genussvolle Lektüre einer profunden Analyse wovon auch immer.

Lesen auf Papier, ob in Buch- oder Zeitungsform, wird also (noch) schwerer gemacht. Käuze wie jener Dr. Armin R., der ins Kaffeehaus seinen eigenen Packen von internationalen Blättern mitbrachte, weil er es nicht über sich bringen konnte, die dort aufliegenden, bereits von fremden Händen entweihten Zeitungen anzugreifen, sind ihrer Basis beraubt. Langes Herumschmökern in Buchhandlungen könnte bald als asoziales Verhalten gelten.

Die Ursachen sind bekannt (Online-Handel, Wahnsinnsmieten). Gegenmittel ist noch keines gefunden, oder? (Hans Rauscher, 29.12.2016)