Das Woolim in einem offiziellen Werbespot der nordkoreanischen Regierung.

Foto: Youtube/NKNews

Auch wenn das nordkoreanische Regime versucht, das eigene Land hermetisch vor Kommunikation mit dem Ausland abzuschotten, versucht es, seinen Bürgern moderne Technologien zur Verfügung zu stellen. Wenngleich längst nicht für jeden leistbar, gibt es in der ostasiatischen Diktatur mittlerweile auch Smartphones und Tablets.

Vermarktet wird etwa ein Zehn-Zoll-Tablet unter dem Namen "Woolim" (Übersetzt: Echo), beworben von einer Propaganda-Frauenband namens Morabong. Zwei Sicherheitsforscher aus Deutschland haben es geschafft, an ein solches Gerät heranzukommen und ihre Erkenntnisse am diesjährigen Chaos Communication Congress (33C3), berichtet der Spiegel.

Einsteigertablet ohne WLAN und Bluetooth

Florian Grunow und Nikolaus Schiess haben schon vergangenes Jahr Erfahrungen mit nordkoreanischer Technologie gesammelt. Am 32C3 sezierten sie die Linux-Distribution Red Star OS, die ästhetisch sehr stark an macOS angelehnt ist. Auf dem Woolim hingegen läuft, wenig überraschend, eine Adaption von Googles Betriebssystem Android. Und das ist der Oberfläche auch deutlich anzusehen.

Die Hardware entspricht einem Einsteigertablet. Es gibt einen internen Speicher mit einer Kapazität von acht Gigabyte, nebst Einschub für eine MicroSD-Karte. Es läuft mit einer Cortex A7-Quadcore-CPU (1,5 GHz) und 512 MB RAM. WLAN-, 3G- und Bluetooth-Modul wurden auf dem Gerät ausgespart. Man kann sich nur mittels Adapter entweder per Kabel oder Drahtlosnetzwerk über eine VPN-Verbindung unter Eingabe von Nutzername und Passwort in das streng regulierte nordkoreanische Intranet verbinden.

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Signatursystem ermöglicht Nachverfolgung

Die Firmware des Tablets basiert auf Android 4.4.2 "Kitkat" aus dem Jahr 2013. Die Entwickler haben allerdings seither bekannt gewordene Sicherheitslücken gestopft. Googles Services wurden spurlos vom System entfernt. Vorinstalliert sind Textverarbeitung, Präsentationseditor, ein Tipplernprogramm, Spiele und Propagandamaterial.

Ein Teil des von den Machern ergänzten Codes erinnert an Red Star OS. Erstellt ein Nutzer Dateien auf dem Tablet, so erhalten diese eine Signatur. Diese soll offenbar eine Weitergabe verhindern, denn sie ist gerätespezifisch. Auf anderen Tablets oder Smartphones können sie nicht geöffnet werden. Inhalte "für alle" erhalten eine andere Signatur. Das Prüfverfahren sei im Vergleich zur letztes Jahr inspizierten Red Star OS-Ausgabe stark verbessert worden.

"Trace Viewer" protokolliert Nutzerverhalten

Schiess und Grunow vermuten, dass Nutzer auf Woolim zusätzliche Apps installieren können. Aufgrund des Signaturabgleichs kann freilich nicht jedes beliebige APK-Paket einfach aufgespielt werden. Es liegt nahe, dass ausschließlich staatlich zugelassene Software aus dem Intranet bezogen werden kann.

Neben einer etwaigen Weitergabe von Informationen und Dateien wird auch jeder Schritt der Nutzer überwacht. Eine App namens "Trace Viewer" protokolliert den Browserverlauf und legt Screenshots an, wenn ein neues Programm gestartet wird. Das der "Spurenanzeiger" installiert ist, ist zwar für jeden erkennbar, das gesammelte Material hinterlegt er allerdings in einer Datenbank, auf die der User keinen Zugriff hat. Die Screenshots können immerhin angesehen, nicht aber gelöscht werden.

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Unterhaltungsgerät

Gedacht scheint das Tablet hauptsächlich als Unterhaltungsplattform. Im Werbespot ist es etwa mit einem DVB-T-Empfänger verbunden, über den sich staatliches Fernsehen empfangen lässt.

Als Hersteller konnten die Experten das chinesische Unternehmen Hoozo ausmachen. Der Handelspreis für das Woolim zugrunde liegende Tablet "Z100" soll zwischen 160 und 200 Euro liegen. Die Nordkorea-Variante dürfte jedoch teurer sein.

Offiziell dürfen Woolim-Tablets nicht außer Landes gebracht werden. Dennoch landen immer wieder einzelne Geräte im Ausland. Anfang 2016 schmuggelte laut NKNews ein nordkoreanischer Überläufer einen der Touchscreen-Rechner nach Südkorea. (gpi, 28.12.2016)