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Der Chef der polnischen national-konservativen Regierungspartei PiS, Jarosław Kaczyński.

Foto: Reuters / Kacper Pempel

Warschau – Der Chef der polnischen national-konservativen Regierungspartei PiS, Jarosław Kaczyński, hat Oppositionspolitikern einen "Putschversuch" vorgeworfen, nachdem diese vor knapp zwei Wochen eine Parlamentssitzung aus Protest gegen eine Verschärfung des Mediengesetzes blockiert hatten. Deshalb würden "alle möglichen Beschwerden und Protestnoten geschrieben" drohte er am Dienstag mit Konsequenzen.

Am 16. Dezember hatten rund 30 Oppositionspolitiker eine Parlamentssitzung aus Protest gegen eine Verschärfung des Mediengesetzes – das die Berichterstattung aus dem Abgeordnetenhaus limitiert und das Aufnehmen von Fotos und Videos verboten hätte – blockiert. Daraufhin wurde die für diesen Tag geplante Abstimmung über das Budget für 2017 in einen anderen Saal verlegt. Die Opposition erklärte diese danach für ungültig, weil einige Abgeordnete wegen des Chaos im Parlament nicht daran hätten teilnehmen können.

Opposition "wollte Staatskrise"

Auch vor dem Parlament protestierten Tausende gegen die Gesetzesänderung. Neben Regierungschefin Beata Szydło und dem Chef ihrer Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jarosław Kaczyński, saßen deshalb auch mehr als 200 Abgeordnete der national-konservativen Regierungsmehrheit fest. Nach einem turbulenten Wochenende nahm die Regierung die Pläne zunächst zurück und will im Jänner neue Vorschläge präsentieren.

Der Protest gegen die Mediengesetzgebung war laut Kaczyński jedoch "lediglich ein Vorwand". In Wirklichkeit habe es bereits zuvor "Signale" gegeben, dass ein "möglicher Versuch, die Macht zu erlangen" bevorstehen könnte, zitierte die polnische Nachrichtenagentur PAP den PiS-Chef. Ziel sei gewesen, "eine Abstimmung über das Budget zu verhindern, auch in den kommenden Wochen oder sogar Monaten". Danach hätten die Putschisten "eine Staatskrise" ausrufen wollen.

"In einer Demokratie unerhört"

Kaczyński verurteilte auch das Verhalten der Medien. Diese hätten am Putschversuch und dem Angriff auf der Sjem (Parlament) "direkt teilgenommen" und die "Menschen zur Teilnahme aufgerufen", monierte er. Gescheitert sei der Umsturz nur, "weil sie zu schwach waren". Dies "sei in einer Demokratie unerhört", betonte der PiS-Chef: "Die Medien haben einen neuen Tiefpunkt erreicht."

Die national-konservative polnische Regierung ist seit ihrem Amtsantritt vor einem Jahr auch auf EU-Ebene heftig umstritten. Die EU-Kommission eröffnete wegen Einmischung der Regierung in die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts deshalb bereits ein Rechtsstaatlichkeitsverfahren gegen das Land. Erst vor wenigen Tagen beschloss das Parlament zudem ein Gesetz zur Einschränkung der Versammlungsfreiheit, eine Gesetzesvorlage zum vollständigen Verbot der Abtreibung musste die Regierung nach heftigen Protesten wieder zurücknehmen. (APA, 27.12.2016)