Berlin/Ankara – Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, hat sich gegen eine rasche Visa-Freiheit für türkische Staatsbürger in der EU ausgesprochen. Die Türkei habe nicht wie angemahnt ihre Anti-Terrorgesetze reformiert, sagte der Deutsche den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagsausgaben) laut Vorausbericht.

"Solange das Anti-Terrorgesetz nicht reformiert ist, kann der Prozess der Visa-Liberalisierung nicht in Gang gesetzt werden." Daher habe er den Antrag der EU-Kommission zur Visa-Freiheit nicht an die zuständigen Parlamentsausschüsse weitergeleitet. "Er liegt noch immer auf meinem Schreibtisch", sagte Schulz.

Der SPD-Politiker sagte, das Vorgehen der türkischen Regierung nach dem Putschversuch Mitte Juli werfe viele Fragen auf. So sei zum Beispiel die Einschränkung der Pressefreiheit nicht akzeptabel. "Die Einführung der Todesstrafe ist mit den Grundprinzipien der EU unvereinbar – wenn die Türkei die Todesstrafe einführte, würde sie die Beitrittsverhandlungen selbst beenden", sagte Schulz.

Zugleich unterstrich Schulz die Bedeutung weiterer Gespräche mit der Türkei. "Ich hätte deshalb nichts dagegen, wenn wir das Kapitel Meinungsfreiheit und Grundrechte als neues Kapitel der Verhandlungen eröffnen würden", sagte Schulz mit Blick auf Beratungen über einen EU-Beitritt der Türkei.

Zudem stehe man bei der Wiedervereinigung Zyperns "kurz vor einem Durchbruch", sagte Schulz. "Das wäre für die gesamte Region ein Zeichen der Hoffnung, dass auch lange Konflikte lösbar sind. Das hängt auch von der Türkei ab." Der Konflikt um die Mittelmeerinsel ist einer der längsten in Europa. International anerkannt ist nur der griechische Teil im Süden, der etwa zwei Drittel Zyperns umfasst und Mitglied der EU ist. Im Norden gibt es seit den 1970er Jahren einen Sezessionsstaat, der nur von der Türkei anerkannt wird. Dort sind noch immer bis zu 30.000 türkische Soldaten stationiert. (APA, 25.12.2016)