"Ich wünsche uns jetzt wirklich friedliche Weihnachten!" Die Erleichterung war dem deutschen Innenminister Thomas de Maizière (CDU) anzusehen, als er am Freitag in Berlin vor die Presse trat um den Tod von Anis Amri zu bestätigen. Er war, ebenso wie Bundeskanzlerin Angela Merkel, von der italienischen Regierung informiert worden. Auch Merkel sagte: "Wir können erleichtert sein, dass eine akute Gefahr beendet ist."

Allerdings ist der Fall durch den Tod Amris in Deutschland noch längst nicht beendet. "Wenn es weitere Helfershelfer gibt, werden wir sie zur Rechenschaft ziehen", erklärte Merkel. Die Ermittler durchleuchten weiterhin das Umfeld des Tunesiers. "Es geht um die Aufdeckung von Netzwerken", betonte de Maizière. Unklar ist bis jetzt, ob Amri Helfer in Deutschland oder im Ausland hatte. Nach Medienberichten hatte der marokkanische Geheimdienst die Deutschen vor Amri gewarnt.

Er war am Montagabend nach dem Attentat auf den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz in der City West untergetaucht. Die Polizei fand Fingerabdrücke im Führerhaus des Schwerlasters, hatte aber zunächst keine Spur des Terrorverdächtigen. Gemeinsam mit den italienischen Behörden versuchten deutsche Ermittler am Freitagnachmittag zu klären, wie Amri nach Frankreich und später nach Italien hat reisen können.

Ein starker Staat

Merkel räumte ein, dass der Fall "eine Reihe von Fragen" aufwerfe. Sie meinte damit auch, wie Amri überhaupt nach Deutschland kommen konnte. Er war von 2011 bis 2015 in Italien in Haft gesessen, sein Asylantrag war dort bereits abgelehnt worden. Man werde jetzt mit "Nachdruck" prüfen, wo man staatliche Maßnahmen ändern müsse. "Dort, wo Bedarf für politische oder gesetzliche Veränderungen gesehen wird, werden wir notwendige Maßnahmen in der Bundesregierung zügig verabreden und umsetzen", kündigte sie an. Außerdem will Merkel Abschiebungen und Rückführungen nach Tunesien "deutlich" beschleunigen. Sie hatte am Freitag ein Telefonat mit dem tunesischen Präsidenten, Beji Caid Essebsi. Es werde alles Menschenmögliche getan, damit "unser Staat ein starker Staat ist", sagte Merkel. De Maizière wies darauf hin: "Die Bedrohung bleibt hoch."

Am Freitag veröffentlichte das IS-Sprachrohr Amaq ein Video, auf dem Amri zu sehen sein soll. Auf der knapp dreiminütigen Aufnahme schwört dieser dem Anführer der Terrormiliz IS, Abu Bakr al-Bagdadi, die Treue. Die Echtheit der Aufnahme konnte zunächst nicht bestätigt werden.

In Duisburg (Nordrhein-Westfalen) wurden am Freitag zwei Brüder aus dem Kosovo im Alter von 28 und 32 Jahren festgenommen. Die beiden sollen das Einkaufszentrum Centro in Oberhausen im Visier gehabt haben. Am Samstag wurde sie aus dem Polizeigewahrsam entlassen, weil sich der Verdacht nicht erhärten ließ. (Birgit Baumann, 24.12.2016)