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Wladimir Putin, Präsident.

Foto: AP/Golovkin

Moskau – Aleppo ist geräumt. Unmittelbar vor der alljährlichen großen Pressekonferenz des russischen Präsidenten Wladimir Putin strahlte das Moskauer Fernsehen seine Sitzung mit Verteidigungsminister Sergej Schoigu aus, in der dieser über die "Befreiung" der Stadt und den Abzug von 34.000 Menschen aus dem umkämpften Gebiet rapportierte. Eine Steilvorlage, die Putin in der Pressekonferenz dann auch selbst verwertete.

Der Kremlchef sprach im Zusammenhang mit der Evakuierung Aleppos nicht nur von der "größten internationalen humanitären Aktion der Moderne", sondern machte den Verlierern zugleich ein Gesprächsangebot. Syriens Präsident Bashar al-Assad sei nun zu einem Waffenstillstand und Verhandlungen über die Nachkriegsordnung in Syrien bereit, verkündete er. Als Verhandlungsort bot Putin dazu die kasachische Hauptstadt Astana an.

Guter Zeitpunkt

Taktisch ist der Zeitpunkt für Friedensgespräche aus Kreml-Sicht hervorragend gewählt: Ein Krieg bis zum endgültigen Sieg wäre noch langwierig und verlustreich. Mit der Einnahme von Aleppo hat die russisch-iranische Koalition zur Unterstützung Assads aber ihre Stärke demonstriert. Der Sturz des syrischen Machthabers, der vor dem Eingreifen Russlands im Herbst 2015 real drohte, ist kein Thema mehr. Die Verhandlungsposition Assads ist so stark wie nie zuvor. Russland als dessen Hauptverbündeter würde davon profitieren und seinen Einfluss in der Region manifestieren.

Selbst die Zerstückelung der islamischen Republik ist durch Moskaus jüngstes Zusammengehen mit Ankara unwahrscheinlich geworden. Putin betonte auf der Pressekonferenz, dass der Mord am russischen Botschafter Andrej Karlow in Ankara die Beziehungen zur Türkei nicht eintrüben werde, immerhin verzichtete er aber auf den eingebrachten Vorschlag, das neue Machtdreieck Ankara – Moskau – Teheran als Basiskonstruktion für den Neuaufbau Syriens zu nutzen. Dabei seien auch die Interessen anderer Regionalmächte und der USA zu berücksichtigen, sagte er.

Neustart und alte Vorwürfe

Ob der Fall Aleppos tatsächlich zu einer Verabredung der zahlreichen Kriegsparteien führt, bleibt abzuwarten. Ebenso wie eine Verabredung, auf die Putin offenbar mit Donald Trump setzt. Er wolle mit ihm über die Verbesserung des bilateralen Verhältnisses sprechen, so Putin. Schlechter als jetzt ginge es ohnehin nicht mehr.

Putins Bemühen, den neuen US-Präsidenten von seiner Amerika-Kritik auszunehmen, war deutlich zu spüren. So fiel kein böses Wort über Trumps atomare Aufrüstungspläne, stattdessen fokussierte sich Putin auf den ABM-Vertrag. Dessen einseitige Kündigung habe das Wettrüsten eingeleitet, urteilte der Kremlchef.

Kritik an EU

Auch für die EU hatte Putin eine Botschaft parat: Russland sei an einem "verlässlichen, starken und selbstständigen Partner" gelegen. Wenn Moskau sich aber jeweils an Washington wenden müsse, um die Position Brüssels zu erfahren, dann sei die EU nicht von Interesse. Bilaterale Abmachungen mit einzelnen Mitgliedern seien im Zweifel leichter zu realisieren. (André Ballin, 23.12.2016)