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Wladimir Putin bei einem Besuch in der UralVagonZavod-Waffenfabrik im Ural.

Foto: AP/Alexei Nikolsky/Sputnik

Moskau/Washington – Der russische Präsident Wladimir Putin hat eine Verstärkung der militärischen Atomkapazitäten seines Landes, die Modernisierung der Rüstung und erhöhte Wachsamkeit an den Grenzen angekündigt. Bei einem Treffen mit hunderten ranghohen Armeevertretern im Verteidigungsministerium sagte Putin am Donnerstag, das "militärische Potenzial der strategischen nuklearen Kräfte" in Russland müsse im kommenden Jahr ausgebaut werden. Der designierte US-Präsident Donald Trump kündigte Vergleichbares für sein Land an.

Die Stärkung des atomaren Militärpotenzials müsse insbesondere durch Raketensysteme erfolgen, die sämtliche existierende und künftige Raketenabwehrsysteme "verlässlich durchbrechen" könnten, sagte Putin laut russischen Nachrichtenagenturen.

Trum-Sprecher rudert zurück

Trump schrieb am Donnerstag auf Twitter, die USA müssten ihr militärisches Atompotenzial massiv ausbauen, bis "die Welt zur Vernunft kommt". Später erklärte sein Sprecher Jason Miller, Trump habe sich auf die Notwendigkeit bezogen, die Weitergabe von Nuklearmaterial "an instabile Staaten oder Schurkenregimes" zu unterbinden.

Für das Kampfflugzeug F-35 will Donald Trump Alternativen suchen.

Das US-Arsenal enthält geschätzt 7.000 Atomsprengköpfe, die im kommenden Jahrzehnt großteils das Ende ihrer vorgesehenen Lebensdauer erreichen, Russland hat ein paar hundert mehr. Das Pentagon plant die Erneuerung oder Modernisierung der drei Komponenten ihrer Atomstreitmacht: Interkontinentalraketen, U-Boote und Atombomber. Das soll Schätzungen zufolge in den nächsten 30 Jahren bis zu eine Billion Dollar kosten.

"Wir müssen sämtliche Änderungen im Kräfteverhältnis und bei der politisch-militärischen Lage weltweit genau beobachten", sagte Putin, "besonders entlang der russischen Grenzen." Pläne zur "Neutralisierung der Gefahren für unser Land" müssten rasch ausgearbeitet werden.

Putin nahm auch Bezug auf den Einsatz des Militärs im Syrien-Konflikt, wo Russland die syrische Führung unterstützt. Die syrische Armee habe eine "bedeutende Unterstützung" erhalten und so "erfolgreiche" Einsätze gegen Kämpfer ausführen können.

Syrien als Testgelände

Verteidigungsminister Sergej Schoigu sagte bei dem Treffen den Angaben zufolge, Russland habe in Syrien viele moderne Waffen sowie Ausrüstung getestet. Diese hätten sich als "hochwirksam" herausgestellt. Seit der militärischen Beteiligung Russlands am Konflikt in Syrien im September 2015 habe es 18.800 Einsätze der russischen Luftwaffe mit 71.000 Angriffe gegeben. Schoigu fügte hinzu: "Wir haben internationalen Terrororganisationen in Syrien erheblichen Schaden zugefügt, ihre Ausbreitung gestoppt und die Auflösung Syriens verhindert."

Die Militärübungen der Nato kritisierte Schoigu als zunehmend antirussisch. So hätten die britischen Streitkräfte damit begonnen, russische Panzer und Militäruniformen zu benutzen, "um den Feind zu simulieren". Diese Übungsmethode sei "zuletzt vom faschistischen Deutschland" im Zweiten Weltkrieg angewandt worden, sagte er laut der Nachrichtenagentur Ria Nowosti.

Kritik an Nato-Manövern

Schoigu verurteilte auch die "Intensität" der Nato-Manöver, die sich nach seinen Angaben in der jüngsten Zeit verdoppelt hätten. "Die meisten davon haben einen antirussischen Charakter." Auch die geheimdienstliche Arbeit der Nato-Kräfte nahe der russischen Grenze habe sich zuletzt verstärkt. Das Militärbündnis habe Russland zu einer "wesentlichen Gefahr erklärt" und rüste immer weiter auf.

Die Beziehungen zwischen der Nato und Russland sind seit der Eingliederung der ukrainischen Halbinsel Krim ins russische Staatsgebiet im Frühjahr 2014 in der Krise. Im Juli hatte der Nato-Gipfel in Warschau die Stationierung von je einem Bataillon mit bis zu tausend Soldaten in den drei baltischen Staaten sowie in Polen beschlossen. Russland stationierte seinerseits im Oktober atomwaffenfähige Iskander-Kurzstreckenraketen in der russischen Enklave Kaliningrad zwischen Polen und Litauen.

Die russische Militärdoktrin sieht keinen "Präventivangriff" mit atomaren Sprengköpfen vor. Moskau behält sich aber das Recht vor, im Fall eines Angriffs gegen Russland oder dessen Verbündete von seinem Arsenal Gebrauch zu machen. Putin sagte bei dem Treffen, Russland sei "heute mächtiger als irgend ein möglicher Angreifer". Doch es bedürfe nur eines Augenblicks der Unachtsamkeit, und die Lage könne sich schnell ändern. (red, APA, AFP, 22.12.2016)