Mit dem Engagement beim Fußball-Erstligisten Manchester City hatte Etihad eine glücklichere Hand als bei manchen Airlines.

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Berlin / Abu Dhabi / Frankfurt – Die Golf-Airline Etihad überdenkt ihren Kurs. Die erst 2003 gegründete Staatsairline stellt Insidern zufolge ihre Investitionen in europäische Fluglinien auf den Prüfstand. Erst dieser Tage kündigte die Fluggesellschaft Stellenabbau an. Rund 3.000 der knapp 27.000 Stellen sollen eingespart werden. Man befinde sich mitten in einer Restrukturierung, sagte ein Sprecher. Der Umbau sei nötig, um in einem "immer stärker konkurrierenden Umfeld" wettbewerbsfähig bleiben zu können.

Tatsächlich dürfte der Eigentümer, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Druck machen, denn die Zeiten des Überflusses sind angesichts der gesunkenen Ölpreise auch in den ölreichen Golfstaaten vorbei. Zwar berichtet die Airline für 2015 von einem Wachstum beim Umsatz von 7,6 auf 9,02 Milliarden US-Dollar und beim Nettogewinn von 73 auf 103 Millionen US-Dollar, doch die Zahlen sagen laut "Handelsblatt" nicht die ganze Wahrheit.

Chef offenbar angezählt

Die Fluglinie sei angesichts der vielen Investments bisher ein Verlustbringer. Geht es nach Branchenbeobachtern, könnte die Airline, die zweitgrößte nach Emirates aus Dubai, schon im Jänner des neuen Jahres mit dem Rückbau des Europageschäfts beginnen.

Der deutsche Luftfahrtexperte Cord Schellenberg hält die Zeit dafür ohnedies für gekommen, wie er im STANDARD-Gespräch erklärt. "Da wurde ja wahllos zusammengekauft. Es scheint, als ob Etihad keine Strategie hatte." Auch Vorstandschef James Hogan soll angezählt sein. Der Eigentümer soll dem 60-jährigen Australier auch schon mitgeteilt haben, dass sie sich von ihm trennen wollen. Bestätigt wurde das offiziell noch nicht. Offensichtlich ist, dass Hogans Strategie, sich durch Beteiligungen an anderen Fluglinien schnell Zugang zu europäischen Kunden zu verschaffen und diese günstig in die Golfregion zu fliegen, nur bedingt aufging. "Das ist auch keine wirtschaftliche Strategie", sagt Schellenberg.

Sorgenkind Air Berlin

Unter Hogan beteiligte sich Etihad 2011 mit 29 Prozent an Air Berlin und machte damit Etihad zum größten Aktionär der glücklosen deutschen Billigfluglinie. Doch auch mit dem neuen Partner kam Air Berlin auf keinen grünen Zweig: Allein 2015 schloss Deutschlands zweitgrößte Fluglinie mit einem Minus von 477 Millionen Euro ab. Erst kürzlich schoss Etihad 300 Millionen Euro nach, indem man kurzfristig die Hälfte der österreichischen Tochter Niki kaufte, bevor diese Anteile in ein Joint Venture mit Tuifly eingebracht werden.

Im September 2013 übernahm Etihad Air Serbia, drei Monate später stieg Hogan bei Alitalia ein. Auch die Italiener sind in den roten Zahlen. Alitalia will mit Stellenstreichungen und einer Verkleinerung der Flotte gegensteuern. In italienischen Medien wurde wiederholt über einen Einstieg von Lufthansa bei Alitalia spekuliert. Das haben beide Seiten allerdings heftig dementiert.

Fehlinvestitionen

Die Beteiligungen erweisen sich insgesamt als Fehlinvestitionen und flogen in Summe laut "Handelsblatt" mehr als 2,5 Milliarden Euro Verlust ein. Für Schellenberg löst Etihad – so die Airline sich tatsächlich ganz von Air Berlin trennt – auch ein Problem bei der AUA-Mutter Lufthansa.

Air Berlin vermietet – wie berichtet – ab 2017 38 ihrer Jets mit Crews an die Lufthansa-Töchter Eurowings und Austrian und hat außerdem 33 Flugzeuge an den neuen Ferienflieger in Österreich, der aus Niki und Tuifly gebildet werden soll, ausgegliedert. Lufthansa hätte laut Schellenberg nicht nur gute Karten, Air Berlin ganz zu übernehmen, so die Kartellbehörden zustimmen: "Air Berlin hat mit Crews und Fluggerät auch, was die Lufthansa braucht." Von der Kooperation zwischen Lufthansa und Etihad könne auch die Lufthansa profitieren: "Etihad hat fünf Sterne, die Lufthansa nur vier. Die können sich da etwas abschauen." (rebu, 22.12.2016)